laut.de-Kritik
World Music-Koop der sibirischen Sängerin und Tinariwen.
Review von Giuliano BenassiDie Kombination klingt zu abstrus, um wahr zu sein: Sängerin aus Sibirien an der Grenze zur Mongolei geht in Frankreich mit einem kalifornischen Produzenten und einer Band aus Mali ins Studio. Das gerade mal in zwei Tagen aufgenommene Ergebnis erscheint bei einem italienischen Label.
Zuviel des Guten, würde man meinen, doch weit gefehlt. Denn die zierliche Sainkho Namtchylak, Jahrgang 1957, hat Projekte in Bereich der Neuen Musik, Freejazz, Elektronik und mit, äh, Andreas Vollenweider vorzuweisen. Die Band aus Mali nennt sich Tinariwen und hat 2012 mit "Tassili" einen Grammy für das beste World-Album gewonnen. Produzent war, damals wie hier, Ian Brennan.
Wie dehnbar der Begriff "World" ist, zeigt sich hier. Namtchylaks Stimme ist ein Wunder, das über sieben Oktaven reichen soll. Auf jeden Fall beherrscht sie Kehlkopfgesang, brummende Bässe und zwitschernde Höhen. Das alles im Flüsterton bis hin zum Industriestaubsauger. Und natürlich nahtlos von einem zum anderen springend.
Auch Tinariwen befinden sich seit ihrer Gründung 1979 auf einer vielfältigen musikalischen Reise, im der sie Elemente westlicher Rockmusik (allen voran Led Zeppelin) mit traditionellen Klängen aus Mali, Marokko oder Algerien sowie politischen Botschaften verbinden.
Mit dabei sind hier Eyadou Ag Leche (Gitarre, Bass) und Said Ag Ayad (Perkussionen). Mitglieder zweier Nomadenvölker, die eine halbe Weltkugel trennt, die sich hier aber prächtig verstehen. Das entstandene Material hätte für ein Doppelalbum gereicht, so das Label. Auch wenn es manchmal zu experimentell klingt (insbesondere durch die Loops von Produzent Brennan) ist das kondensierte Ergebnis durchaus hörenswert.
Sicherlich kein Kandidat für die höheren Etagen der Charts, die aber dürften allen Beteiligten herzlich egal sein. "All will come to an end. You will remain - a star not yet discovered by anyone" hat Namtchylak 2014 treffend festgestellt.
Noch keine Kommentare