laut.de-Kritik
Die K's Choice-Sängerin schöpft Kraft aus der Misere.
Review von Mathias Möller"Shine" beginnt mit dieser unverwechselbaren Stimme. Sarah Bettens' Organ ist sicher eines von nicht vielen, die man, wenn man es einmal gehört hat, jederzeit wiedererkennt. Nicht, weil die Stimme so lieblich oder klar ist. Nein, Bettens klingt immer leicht belegt, nicht wirklich rau, markant halt. Früher betrieb die Belgierin zusammen mit ihrem Bruder die Band K's Choice, solo führt sie musikalisch das fort, was sie mit dem Geschwistergespann nicht realisieren kann. Dabei gibt Bettens die einfühlsame Beobachterin und Geschichtenerzählerin.
So handelt "I Can't Get Out" von einer Hausfrau ohne Hoffnung. Viel zu jung verheiratet, jetzt sitzt sie fest mit ihrem vermutlich gewalttätigen Ehemann. Suzanne Vega, ick hör dir trapsen. Und so geht es in der Folge um Befindlichkeiten der kleinen Frau/des kleinen Mannes, die/den das Leben fickt. Die falschen Freunden aufsitzen ("Put It Out For Good"), die tragische Unfälle überwinden müssen ("Daddy's Gun").
Dabei bewegt sich die Sängerin und Gitarristin mit ihren Mitmusikern zwischen leisem Indiepop und angerautem Poprock. Das dramatische "Daddy's Gun" wird von einer beständigen Drumroll getragen, das deprimierende "Just Another Day" mit dem Fazit "You don't believe in me" klingt ebenso fragil wie es das Thema Beziehungsende verlangt. Das scheinbar kraftvolle "Feel Me Break" zelebriert die Lust am eigenen Niedergang, das resignative "Pave The Way" wandelt sich in eine Hymne an das Anderssein. Dabei thematisiert die Sängerin auch ihre Sexualität: "I'll wear my rainbow flag with pride!"
Und so spielt Bettens einen Moll-Akkord nach dem anderen auf der Klaviatur der Seele ihrer Hörer. Die Sängerin lebt in der menschlichen Misere auf, lotet die Abgründe des eigenen Seins aus, so schmerzhaft es auch sein mag. Oder sind die Protagonisten in ihren Stücken doch nur Projektionsflächen? Wie dem auch sei, "Shine" scheint nicht, das Album zieht dich unaufhörlich runter. Wer Gefallen an melancholischen Momenten findet, hat Freude an "Shine".
1 Kommentar
Finds sehr schön =)
Hab nur 2 songs gehört, aber die gefallen mir.
Dass Daddy's Gun übrigens nur eine so kleine minimale erwähnung findet is schade.