laut.de-Kritik

Gute Raps auf einem mächtig grollenden Fundament.

Review von

Es sind Release-Wochen: Neben Mixtape und beinahe unmittelbar folgenden Album ("Aus der Platte Auf Die Platte") des Labelgründers findet im Herbst 2005 auch Sera Finales Debüt den Weg zu den Hörern. "Serafiniert" sollte in den gesammelten Ergüssen Joe Rillas keineswegs untergehen, präsentiert es sich doch um Klassen besser. Stellenweise sogar in der Tat: sehr raffiniert!

Dass Joe Rilla und Alphabeatz-Kollege Mesa ordentliche Beats bauen können, überrascht mich mittlerweile nicht mehr wirklich. Es grollt mächtig, gelegentlich auch sehr elektronisch aus der Box, trotzdem bleibt das musikalische Fundament unaufdringlich und überlässt die Aufmerksamkeit einem MC, der sich in Szene zu setzen weiß. Gleich der eröffnende "Serviervorschlag" kommt flüssig und in beachtlicher Geschwindigkeit daher; soweit kein Grund, Scheiße zu schreien. "Haste Nich" bedient sich witzig genug bei Kurtis Blow, um eine Daseinsberechtigung zu haben, und nachdem er sich "Anna Bar" mit allem Nötigen eingedeckt hat, ist Sera Finale abfahrbereit.

Eine kleine Selbstbeweihräucherung hier ("Papi", "Zu Fly"), ein in meinen Augen komplett unnötiger Lovesong da ("Queen Vom Kiez" - wer zum Teufel hat nur den Irrglauben in die Welt gesetzt, Tracks "for the ladies" seien zwingend mit Harfenklängen aufzuplüschen? Vom Singen sollte Sera Finale im Übrigen auch besser absehen - und es Elif überlassen)... Das ist alles schön und gut, flasht aber nicht wirklich. Dafür hat man Tracks dieser Machart, so oder ähnlich, einfach schon zu oft gehört. Auch die Leichen von "Let The Music Play" oder dem unsäglichen "Ice Ice Baby" hätten nicht unbedingt ein weiteres Mal gefleddert werden müssen. Ein cooler Hund wie Sera Finale, der es tatsächlich bringt, für "Unser Sohn" seine Eltern ins Studio und vors Mikrofon zu zerren, hat derart ausgetretene Pfade nicht nötig. Mama ist stolz? Hier kann der Sohnemann stolz sein: Ganz davon abgesehen, dass die Idee, den vielbeschworenen Familienzusammenhalt mal ganz anders zu zelebrieren, an sich schon rockt, schlagen sich MC Christiane und MC Wolfgang auch noch ziemlich grandios.

Zu Bestform läuft Sera Finale allerdings in den nachdenklichen Tracks auf. In "Geboren Aus Dem Nichts" mit Zion wird zweifellos das zuvor erworbene Pfund Atmosphäre verbraten: Gut harmonierende deutsche und englische Raps vor einem angenehm dahin plätschernden, melodiedurchwobenen Hintergrund - die Stimme, die von innen zu Sera Finale spricht, erweist sich ganz offenbar nicht als der übelste Ratgeber. "Germanisch Depressiv" breitet angemessen theatralisch große Wahrheiten aus: "Die Welt ist zu wahr um schön zu sein." Das muss man wohl so stehen lassen, auch an "Das Leben ist kurz, danach ist Sense, Mann!" ist schwer zu rütteln.

Um so lobenswerter die Haltung: "Ich änder' meine Sicht, um zu sehen, was ich ändern kann." Wenn Sera Finale in "Endlich Unendlich" letztendlich seinen Werdegang vom Mikrokosmos über Status Yo zum eigenen Album ausbreitet, wünsche ich ihm, dass - "gestern nichts, heute Stern, morgen schnuppe und 'raus" - die letzte Stufe noch ein wenig auf sich warten lässt.

Trackliste

  1. 1. Servier vorschlag
  2. 2. Haste Nich
  3. 3. Anna Bar
  4. 4. Fallin In Bounce (mit Elif & JoeRilla)
  5. 5. Du Geile Sau
  6. 6. Papi
  7. 7. Skit Reverse
  8. 8. Geboren Aus Dem Nichts (mit Zion)
  9. 9. Queen Vom Kiez
  10. 10. Aber im Takt
  11. 11. Unser Sohn (mit meinen Eltern)
  12. 12. Cooler Als Ice
  13. 13. Honks Und Hühner
  14. 14. Chinesisch
  15. 15. Clap Die Klöten
  16. 16. Sauerstoff (mit James killa der Boy & Joerilla)
  17. 17. Germanisch Depressiv (mit Elif)
  18. 18. Andi Gibt Den Beat
  19. 19. Zu Fly
  20. 20. Endlich Unendlich

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