laut.de-Kritik

So viele Bitches, man freut sich über jede Hoe.

Review von

Um eins vorweg klarzustellen: Ich habe kein Problem mit Ersguterjunge. Im Gegenteil, "Sonny Black" gehört für mich zu den stärksten Alben des Jahres und auch Shindys Debüt fand ich, anders als Kollegin Fromm, irgendwie fresh. Klar, sonderlich viel Inhalt offenbarte sich nicht. Aber die konsequent-hochnäsige Attitüde, der absichtlich gelangweilte Flow und eine Reihe von Reimen, bei denen ich mindestens schmunzeln musste, sorgten dafür, dass "NWA" auch jetzt noch ab und an in meiner Playlist landet. Kommentare à la "Manche Künstler werden hier aus Prinzip schlecht bewertet" könnt ihr euch also sparen.

Als Shindy "FVCKB!TCHE$GETMONE¥" ankündigte, herrschte dementsprechend eine gewisse Euphorie. Dann koppelte Shindy "JFK" aus, und die Euphorie verwandelte sich in echte Vorfreude: "Der Schöne und die Beats" hatte offenbar nichts an hingerotzten Vergleichen ("Beim Frauenklatsch im Mittelpunkt – Teetasse"), stimmigen Beats und arrogantem Flow eingebüßt. Nachdem ich das ganze Album angehört habe, muss ich aber leider sagen: Fängt stark an, um dann ganz stark nachzulassen.

Shindy hat offensichtlich eine Schwäche für große Staatsmänner: "Julius Caesar" zeigt, dass sich am "Wortbrockenwürfelhusten" des Halbgriechen auch anno 2014 nichts geändert hat. Entweder man mags, oder eben nicht: "Chille mit 'nem Püppchen aus Italien – Pinoccio", höhö. Besagte Püppchen bezeichnet Shindy so oft als "Bitches", dass man sich freut, wenn ab und zu eine "Hoe" an seiner Angel zappelt.

Neben Frauen frönt der Wahl-Berliner ausgiebig seinem fast schon metrosexuell anmutenden Stylefetischismus. In jedem von uns steckt eben eine Diva: "MCs wollen in die Juice, ich will in die Vogue." Rappte er, nur um auf "Safe" zu verlangen: "Ich will meine Fresse auf dem Juice-Cover." Verstehe, er will also nicht in die Juice, sondern nur obendrauf. Oberflächlichkeit präsentiert sich ohnehin als dominanter Charakterzug Shindys. "Steve Blowjobs" zeichnet das Bild einer harten Vergangenheit, in der der Opel Astra tatsächlich nicht mit Champagnerkühler ausgestattet war. The struggle is real!

Apropos struggle: Seitenhiebe auf Kay One sind erstaunlich rar gesät. Nur einmal vergleicht Shindy den selbsternannten Prinzen mit Verräter Fredo aus Coppolas "Pate"-Trilogie. Den Mafiaboss selbst setzt er – natürlich - mit Bushido gleich. Der beweist mit seinen Gastauftritten ("Bang Bang", "Sterne"), wie schlecht die beiden sowohl thematisch als auch raptechnisch harmonieren. Während der Labelboss die üblichen Verdächtigen beleidigt und "CCN 3" bewirbt, gibt Shindy Dinge von sich wie "Ersguterjunge ist die Gang ... Gang / Whoopdiwhoop, Bang Bang". Klingt irgendwie mehr nach Grundschule als nach Mafia. Voll süß, aber.

Anschließend gehts nach "Venedig": Dort will Shindy weder ein paar Runden in der Gondel drehen noch den Markusplatz bestaunen, sondern seine Bitch im Hotelzimmer begatten. Sehr, sehr oft und am liebsten zu seiner eigenen Musik. Kurz nachdem es richtig langweilig wird, überrascht der Track tatsächlich mit Inhalt: Shindy erzählt von seinem früheren Leben, in dem er noch Kisten schleppen musste, um an Geld für Haarpflegeprodukte zu kommen. Ehe ich deswegen aber aus dem Häuschen gerate, erklingt schon "No Joke". Zur lächerlichen Hook gesellt sich Schwergewicht Ali und "macht Party – uhladidadi". Nö, lasst mal.

"Alle Meine Fans" legt tatsächlich noch eine Schippe drauf: Die grausam verzerrte Computerstimme und nervige Schüsse drängen nicht nur Shindy vollkommen in den Hintergrund, sondern auch Featuregast Kollegah. Der ist angeblich "'ne deutsche Eiche wie 'ne Halbtürkin". Hab' schon bessere Vergleiche gehört. Shindy merkt man spätestens hier an, dass von seiner angenehmen Lockerheit nicht viel übrig geblieben ist. Um so erfolgreich wie sein Vorbild Michael Jackson zu sein, reicht es eben nicht, einen Song "Thriller" zu nennen.

Wer siebzehnmal auf einem Track wiederholen muss, wie fame er sei, und das Ganze noch mit einem Hashtag versieht ("#bitchichbinfame"), dem nimmt man Zeilen wie "Habe mich nicht einmal angestrengt" problemlos ab. Wenigstens den Beats merkt man die Mühe an. Ein zu dominantes Klavier hier, ein paar Glitzer-Effekte zuviel da, aber insgesamt hat das Trio um Beatzarre, Djorkaeff und Shindy selbst hörbare US-Sounds adaptiert.

Erst kurz vor Ende finden sich mit "Standing Ovations" und "Steve Urkel" zwei Tracks, die wieder Laune machen: "Deine Bitch ist wie mein Teppich, Dicker: flachgelegt und persisch." Vor allem die Selbstreflexion auf letzterem steht Shindy gut zu Gesicht, auch wenn sie gewohnt unkritisch ausfällt. Ansonsten beschreibt "overhyped" das Album wohl am treffendsten.

Eine kleine Spitzfindkeit zum Schluss: "Fünf-Sterne-Hotels oder –Restaurants / Fünf-Sterne-Rap par exellence", flowt Shindy. Fünf-Sterne-Restaurants gibts aber gar nicht. Ha! Und Fünf-Sterne-Rap bietet "FVCKB!TCHE$GETMONE¥" leider auch nicht.

Trackliste

  1. 1. Julias Caesar
  2. 2. Safe
  3. 3. JFK
  4. 4. Steve Blowjobs
  5. 5. Bang Bang ft. Bushido
  6. 6. Venedig
  7. 7. Pancakes
  8. 8. No Joke ft. Ali
  9. 9. Alle Meine Fans ft. Kollegah
  10. 10. Thriller
  11. 11. Sterne ft. Bushido
  12. 12. #Bitchichbinfame
  13. 13. Standing Ovations
  14. 14. Steve Urkel

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