laut.de-Kritik
Ein bisschen fremdschämen gehört bei Weihnachten halt dazu.
Review von LAUT-RedaktionWeihnachtsalben stapeln sich Jahr für Jahr in den Regalen der Elektromärkte, Drogerien und Plattenläden. Teils gelungen, größtenteils belanglos, mit viel Hall, Kinderchor und Glockengebimmel verziert. Um so spannender dann, versucht sich eine veritable Künstlerin wie Silje Nergaard am Weihnachtslied.
So finden sich unter einer Vielzahl von Coverversionen vier Eigenkompositionen; Der Opener "If I Could Wrap Up A Kiss" überrascht mit einem Gastbeitrag des hühnerfreundlichen Rollenbildtraditionalisten Roger Cicero, der hier beweist, dass er richtig gut singen kann. Die luftig-jazzige Melodie tut ihr Übriges, Ohrwurm garantiert.
Weniger glücklich jedoch das Joni Mitchell-Cover "River": Im Original von intensiver Melancholie, geprägt durch Mitchells ungewöhnliche Phrasierungen, die eher im Jazz als im Pop verankert sind. Nergaards Interpretationsversuch hingegen bleibt unnötig und in der Umsetzung mittelmäßig.
"Det Var Ein Gong" hingegen ist ein tolles Duett mit dem norwegischen Popsänger Sigvart Dagsland; Es streichelt die Seele und verbreitet Kaminstimmung. "Christmas Time Is Here" von Vince Guaraldi weckt Kindheitserinnerungen, und "Det Hev Ei Rose Sprunge (Es Ist Ein Ros Entsprungen)" ist wider Erwarten nicht peinlich. Interessant der Versuch, McCartneys "Wonderful Christmas Time" mit tollem Klaviersolo, relativ kitschbefreit zu interpretieren. Jedoch zeigt sich im Laufe des Songs wieder einmal, dass Kindergesang Weihnachtsalben eher schadet.
Alles in allem gehört "If I Could Wrap Up A Kiss" zu den besseren Alben seines Genres. Nicht nur Silje Nergaards Stimme ist sehr geschmackvoll, die Auswahl und Interpretation des Songmaterials gelungen.
Die jazzigen Interpretationen, die auch mal etwas schneller sind als bei Weihnachtsalben sonst üblich, werden durch gelegentlichen Soli der Bläser (u.a. Magnus Lindgren) und des Pianisten stark aufgewertet. Kleine Sünden, etwa die eigene Tochter singen zu lassen, darf man da ruhig ignorieren, denn zu Weihnachten gehört ein klein wenig fremdschämen irgendwie dazu.
Von Julian Auringer
1 Kommentar
"Kritik von Laut Redaktion" ??? Trauen sich die Reviewer jetzt nicht mehr ihre Namen dranzuhängen ? Oder ist Frau Rademacher mal in sich gegangen und hat über ihre Sünden hier nachgedacht ???