laut.de-Kritik
Mick Hucknall und der lange Abschied.
Review von Artur SchulzFrei nach dem Titel von Raymond Chandlers klassischem Phillip Marlowe-Krimi "The Long Goodbye" zieht sich das Karriere-Ende von Simply Red ein wenig in die Länge. Mit "Stay" erschien bereits 2007 das letzte offizielle Studio-Lebenszeichen. Mit der schönen "Tribute To Bobby"-Hommage an den Sänger Bobby 'Blue' Bland wandelte Mick Hucknall 2008 bereits auf Solo-Pfaden. Für 2009 wurde die offizielle Abschluss-Tour der Band angekündigt.
Davor und dazwischen liegt eine kräftige Resteverwertung, bestehend aus bereits erschienenem sowie bislang nicht veröffentlichtem Material. Verteilt über das Jahr fanden bereits drei Collector's Editions der Simply Red-Alben "Picture Book", "Stars" und "A New Flame" ihren Weg in den Handel. Das Besondere hierbei: Sämtliche Alben wurden durch separate Bonus-Tracks bzw. Remixe erweitert und mit jeweils einer DVD ergänzt. Als Komplett-Zusammenfassung über alle Karriere-Dekaden liegt nun mit "Greatest Hits 25" eine abschließende Doppel-CD-Box vor.
Höhen und Tiefen des Band-Schaffens liegen somit in konzentrierter Form vor. Natürlich fehlen nicht die klassischen Hits wie "Come To My Aid", "Something Got Me Started" oder "It's Only Love", flankiert von weiteren Singles und Alben-Tracks. Dabei reicht die Spanne von noch immer begeisternd bis hin zu fürchterlichen Katastrophen. Nach wie vor als Edelstein verbleibt Hucknalls wunderbare Umsetzung von Cole Porters "Every Time We Say Goodbye". Ein unkaputtbarer Beweis dafür, dass eine beseelt ausgeführte Neuinterpretation Zeitgeist-unabhängig ihr Daseinsrecht besitzt, im Gegensatz zu bloßem, meist mit Uninspiriertheit einhergehendem Nachsingen.
Einen Tiefpunkt im Output der Band stellt ausgerechnet die an sich noble Aufgabe des Titelsongs zur Fußball-EM 1996 dar: Noch immer frage ich mich, wer die Entscheidung für den entnervend lahmarschigen und lustlosen Totalausfall "We're In This Together" damals eigentlich fällte. Erfreulich: Diese Nummer hat es nicht unter die Auswahl der vorliegenden 25 geschafft. Danke dafür!
Dafür gibt's kein Entkommen vor dem nervigen "Fairground" mit seinem lausig-lieblosen, unechten Happy-Südamerika-Touch. Darauf folgt als krasser Kontrast das Balladen-Sahnestück "If You Don't Know Me By Now". Licht und Schatten stehen dicht beieinander: Dem Cover des ohnehin abgenudelten Hollies-Titels "The Air That I Breathe" fügte die Band dereinst nichts Neues oder Aufregendes hinzu, dafür fährt die Eigenkomposition "Money's Too Tight To Mention" noch immer ins willige Tanzbein. Einen brandneuen Song gibt es in Form des CD-Abschluss-Bonbons als Zugabe: "Go Now" verbreitet passenderweise die rechte Abschiedsstimmung.
Fazit: Die Zusammenstellung als solches ist fraglos o.k. - doch der langjährige Fan legt sich, weil er bis auf "Go Now" ohnehin schon alles im heimischen Schrank stehen hat, dann eher die DeLuxe-Edition mit Extra-DVD zu, die 25 Video-Clips zu den Songs enthält. Bislang unbeleckte Simply Red-Novizen (gibt es die tatsächlich?) erhalten einen ordentlichen Überblick über die verschiedensten Schaffensperioden der Formation.
In puristischen Soul-Augen hatten es Hucknall und Mitstreiter stets schwer, ernst genommen zu werden, zumal vermeintlich schnöder Pop allzuoft Einzug hielt in die Ausstattung der Songs. Doch diese Ausrichtung führte in der Vergangenheit oft zu fraglos leuchtenden Song-Perlen, wie in der Rückschau ersichtlich. Denn nicht der Weg zählt, sondern das Ergebnis. Und da haben Simply Red eine Menge rundum Geglücktes vorzuweisen.
5 Kommentare
Haalt Stoppp Widerspruch. Fairground ist nicht nervig oder lieblos sondern einfach super tanzbar und macht spass. Dreh ich immer laut wenn es läuft und hat nen groovenden Sound. Nervig ist indertat "the air that I breath" oder vielleicht auch noch "for your babies" aber sicher nicht Fairground. Die Abschiedstour kommt auch nach Luxemburg zu uns her. Ich glaub ich geh da hin Simply Red muss man einfach mal life gesehen haben.. Freu mich schon auf Fairground
WIDERSPRUCH!
"Fairground" ist scheußlich. Das ist wirklich so ein geschmackloser, nach dem Runterschlucken sofort vergessener Cheeseburger.
Weiß das doch noch, damals: Glaube, bei "Formel Eins" das Video gesehen, total begeistert, Album gekauft und ... nach dem 3. Hören nervte der Song nur noch (Das ganhze dazugehörige Album war sowieso ziemlich Red-unwürdig).
Hast Du Micks aktuelle Solo-Bobby Bland-Platte zufällig mal gehört? Die ist richtig prima.
Nein hab ich leider noch nicht gehört. Werd ich sicher mal tun... Ich weiss aber auch nicht warum mir Fairground so gut gefällt ich spiels auf jedenfall immer wieder an... Hab wohl einfach schlechten Geschmack
Macht nichts.
Wird mir von Unwissenden auch stets nachgesagt.
Daneben liebe ich doch die persönlichen Hör-Leichen im Keller.
Im Fußball ist das so: die völlig Untalentierten, die es aber nicht lassen können mitzumischen werden am Ende Schiedsrichter....sie kennen zwar die Regeln aber die Seele des Spiels wird für sie immer ein Buch mit sieben Siegeln bleiben. Und so ist das halt auch bei den rhetorisch begabten Musiktheoretikern. Da sie nicht auf dem "fairground of sound" also dem "Jahrmarkt der Klänge" mitmischen dürfen bleibt ihnen nichts anderes übrig als solcherlei, zwar fachlich ausgebuffte aber doch arg unbeseelte Kommentare zu verfassen.