laut.de-Kritik

Mit "Hey ja!" zum nächsten ESC?

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Texte in altnordischen Sprachen, traditionelle Instrumente der Skalden, eine weibliche sanfte Stimme von Justine Galmiche und eine tiefe raue Männerstimme von Pierrick Valences begleiten durch "Vikings Memories", das zweite Album der französischen Band Skald.

Seit ihrem Debüt "Vikings Chant" 2019, das eine hohe Zahl an Streaming-Klicks einfuhr, hat sich also nicht allzu viel verändert. Die selbsternannten Wikinger aus Frankreich befassen sich weiterhin mit Chemie und gehen vom festen Untergrund zum Flüssigen und besingen jetzt das Element des Wassers. "Sie folgen dem Ruf der Meere mit brandneuen Kompositionen, einem Abstecher in neue epische Klangwelten", verspricht der Pressetext.

Vorneweg: Die Musik von Skald ist nicht unbedingt jedermanns beziehungsweise jederfraus Sache. Man muss diese Art von Musik schon mögen. Als Hintergrundbeschallung für einen gemütlichen Abend mit Freunden eignet sich das Album eher nicht. Das liegt vielleicht auch daran, dass die Band großen Anklang auf Metallfestivals wie dem Wacken oder Hellfest finden. Da wird dann statt mit einem edlen Vino getrost mit einem Met-Bier aus dem Trinkhorn angestoßen.

Was der Band auf alle Fälle gelingt: Sie schafft Atmosphäre für das Projekt. Die Kompositionen erzeugen die Vorstellung von rauen Nächten in Skandinavien, bringen ein "Auf-in-den-Kampf-und-auf-die-hohe-See"-Gefühl mit und lassen die Gedanken zu einem Wikingerfest mit Lagerfeuer und folkloristischen Klängen abschweifen.

Beim Hören der Musik und beim Betrachten der Videos könnte man sich allerdings auch vorstellen, wie Skald nicht irgendwo in Norwegen auf hoher See singen, sondern auf der Bühne des nächsten Eurovision Songcontest als Beitrag für ICELAAAAND. Bei diesem Gedankenspiel könnte da schon ein Top-Ten-Platz rausspringen. Kostüme und Folklore finden dort bekanntlich Gefallen.

Die erste Singleauskopplung "Fimbulvetr" handelt von einem vergangenen Winter, der Ewigkeiten andauerte. Eine Zeit der Wölfe und der Dunkelheit. Die Frage bleibt, wann wird wieder so ein langer Winter kommen? Der Liedtext erinnert an eine Wikingerversion der Serie "Game of Thrones". Da haben ja auch alle Respekt vorm Winter und warten nur darauf, dass sie endlich die Fellmäntelchen überwerfen können: "Winter is coming."

"Filmbulvetrs" Melodie ist sehr angenehm aufgebaut. Die Trommeln gehen irgendwie in Mark und Bein über. Die Schwere der Lyrics wird in der Musik verarbeitet. Das Gegenspiel der sanften Frauenstimme, die noch den Rest des Sommers verkörpert, aber schon weiß, was auf sie zukommt, und die raue, tiefe Stimme des Mannes, die die Kälte einläutet, harmonieren perfekt miteinander.

"Grótti" lässt Hörer und Fans mit dem Kopf wackeln und mit dem Fuß wippen. Der Song verbreitet ein Gefühl, als sei man gerade auf einem Wikingermarkt, es ist Nacht und es bahnt sich ein Sturm an. Der Text im Übersetzer zeigt: Es geht natürlich um etwas anderes: Wer spricht heute noch dieses Idiom und versteht die Texte? Eigentlich ist es in diesem Fall auch egal, was genau die da singen. Bei Musik zählt auch, welche Empfindungen und Vorstellungen sie in einem weckt. Das gelingt der Band hervorragend. Die Welt, in der sich Skald fiktiv bewegen, lässt sich über ihre Musik aufsaugen.

Die eigentliche Geschichte dahinter: Einer Sage nach war "Grótti" eine Mühle, mit der es möglich war, sich seine kühnsten Träume zu mahlen. Skald verarbeiten in ihren Songs gerne alte skandinavische Geschichten und Mythen aus einer längst vergessenen Zeit.

Weitere Songs setzen sich thematisch und vom Sound her ähnlich zusammen. Anders als auf dem Vorgänger-Album haben Skald keine Klassiker adaptiert, was der Platte gut tut. Viele der Lieder sind ganz nett anzuhören und musikalisch und technisch gut gemacht, aber im Gesamtkontext geraten die Nuancen der einzelnen Lieder doch sehr ähnlich. In jedem zweiten Song (wenn nicht noch häufiger) gibts das obligatorische "Hey ja", das auf Dauer auch etwas gewollt wirkt.

Generell gäbe Skalds Mucke einen unglaublich guten Soundtrack für die Serie "Vikings" oder für das Computerspiel "Assasins Creed Valhalla" her. Aber das stand auch schon in der Rezension zum letzten Album.

Fazit: Skald liefern kein Entertainment in üblicher, entspannter Form. Neofolk-Liebhaber kommen auf ihre Kosten, Klänge für die richtigen Anlässe, für Festivals und vielleicht als Filmuntermalung. Zum Hören auf Partys, beim Putzen oder Autofahren eher nicht so wirklich vorstellbar. Die Musik ist gut gemacht, muss aber auch auf die richtigen Ohren treffen.

Trackliste

  1. 1. Fimbulvetr
  2. 2. Jörmungrund
  3. 3. Grótti
  4. 4. Nordrljós
  5. 5. Saekonungar
  6. 6. Pistill Mistill Kistill
  7. 7. Sólarljód
  8. 8. Vidförla
  9. 9. Hafgerdingar
  10. 10. Í Dansinum
  11. 11. Nýr

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