laut.de-Kritik
Ganz Kalifornien in einer kleinen Hülle.
Review von Philipp GässleinDas Musikbiz ist ein ungerechtes Geschäft. Während russischen Lesben, australischen Nymphchen und amerikanischen Silikonmüllhalden meist ein medienwirksamer Auftritt reicht, um sich in deutschen Konsumentenköpfen festzusetzen, vergisst der durchschnittliche Hörer Namen von Bands, die konsequent gute Arbeit abliefern, bereits nach Austritt des jeweiligen Songs aus den VIVA Charts wieder. Smash Mouth sind so eine Band.
Nach "Walking On The Sun" auf ihrem selbst produzierten ersten Output "Fush Yu Mang" als One Hit Wonder verschrien, straften sie alle Kritiker Lügen und veröffentlichten mit "Allstar" einen Partyknaller, der dann auch gleich als Theme des Shrek-Soundtracks herhalten durfte. Das letzte Album der Combo, "Smash Mouth", glänzte in jeder Hinsicht: Amüsante Texte, perfekt abgestimmte Musik - und ein Timing, wie es schlimmer nicht hätte sein können. Kurz nach dem 11. September 2001 kaum einer in Partylaune, und das schlug sich vor allem auf dem europäischen Musimarkt auf den Erfolg der Platte nieder.
Wahrscheinlich war das der Grund, warum man in Deutschland auf Promotion des neuesten Releases "Get The Picture?" vergeblich wartete. Zu unwahrscheinlich ist hierzulande der Durchbruch der Ska-Punkrock-Band, die sich in den Staaten längst an die Spitze gegroovt hat. Schade, denn auch auf dem neuen Machwerk findet sich der eine oder andere Hammertrack. Schon die Eröffnung "Hang On", eine Ermutigung an die amerikanische Bevölkerung, auch nach den Anschlägen vom 11.9. wieder Mut zu fassen, untermalt von Powerchords und dem bandtypischen Backgroundgesang, versetzt einen in exakt die selbe gute Stimmung, die man von den Vorgängeralben gewohnt ist.
Ihrer Liebe zu den Texten Neil Diamonds, die sie schon bei "I'm A Believer" bewiesen hatten, kommen Smash Mouth auch mit der ersten Singleauskopplung "You Are My Number One" nach, die gleich in zwei Versionen Platz auf der Scheibe fand. Amüsanterweise spielten sie das Stück mit Unterstützung von Dancehallartist Ranking Roger als Reggaeversion ein. "Hot" rollt mit der gleichen pumpenden Basslinie heran, die "Walking On The Sun" seinerzeit so unvergleichlich gemacht hat, ohne jedoch an den Ausnahmesong heran zu reichen. "If we all drive - 25, we'll gettin' nowhere, if we all drive 75 - we'll get there faster, if we all drive' 105 - we'll get to heaven in time" so der bezeichnende Refrain des doppeldeutigen "105", bevor mit "Fun" und "New Planet" die Partyhymnen des Albums auf dem Programm stehen.
Doch auch die sanften Seiten kommen - eher ungewöhnlich für Smash Mouth - nicht zu kurz. Von "Space Man" bis "Seventh Grade Dance" schrauben sie die Geschwindigkeit merkbar herunter. Damit wenden sich die Kalifornier etwas von der reinen Gute-Laune-Musik ab. Reaktion auf das unglückliche Timing beim letzten Release oder doch ein Hinweis darauf, dass sich keiner dem Erwachsenwerden entziehen kann? Das ändert nichts an der hohen Qualität, aber es ist doch nicht mehr das, was einem die Band vor Jahren so sympathisch machte. Gelungen ist die Auskopplung dennoch allemal.
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