laut.de-Kritik
Es geht voran im Corganschen Lummerland!
Review von Franz MauererNiemand: endlich Teil zwo! Selbst auf "Caddyshack II" oder "Bat Out Of Hell III" haben sich wohl mehr Leute gefreut als auf den zweiten Teil des Opus' von The Smashing Pumpkins. Schlechter als "Act I" wird es schon nicht, werden, oder? Wobei Billy Corgans Interviews der letzten Wochen, in denen er in einer völlig inkohärenten Traumwelt gefangen schien, schon nichts Gutes vermuten ließen. Trotzdem berührt die Benchmark nach dem ersten Teil so konsequent den Boden, dass "ATUM – Act 2" doch eigentlich nur gut werden kann.
Fröhlich pfeifend und guter Dinge gehen wir also ans Werk, wobei: das fröhliche Geträller, das sind gar nicht wir, das ist schon "Avalanche", dessen erste eineinhalb Minuten stimmungsvoll positiv einleiten, wonach Billy Corgan tatsächlich über einer Gitarre singt und man fast weinen möchte, weil nur so so wenig fehlt, um hier die frühere Grandezza wiederzubeleben. Von dieser Süße lässt uns der Opener nur kurz kosten. Dann überfrachten, wie schon auf "Act I", der fürchterlich produzierte Chamberlin, Bass und Keyboard völlig nutzlos den Song. Das ganze verharrt im für die aktuelle Schaffensphase üblichen melodielosen Midtempo. Die Tiefe, die Corgan anscheinend vorschwebt, weshalb er alles extrasatt und druckvoll klingen lässt, erreicht der Song zwar nicht, wirklich schlecht ist er aber auch nicht.
Das schafft auch "Empires" nicht, das mit einem durchaus okayen, groovy Schweinerockriff beginnt (und dieses auch durchzieht). Corgan und ein Frauenchor konterkarieren das aber auf eine unangenehme Art und Weise. Textlich ist das Kindergartenniveau kaum zu ertragen. Das selbe gilt aber ebenso für die Art und Weise, wie Corgan sein Organ nutzt. Hier fällt auf, wie wenig er seine Limitierungen und, dramatischer, seine spektakulären Stärken als Sänger auszuspielen bereit ist. Billy singt wie Chad Kroeger, und das ist halt Quatsch und lässt sich überhaupt nur mit Overdubbing auf Platte bannen, wo es sich dann scheiße anhört. "Neophyte" bezeichnet unter anderem eine Pflanze, die sich in einem neuen Gebiet ansiedelt. Wieder sind die Lyrics schwer auszuhalten. Als hätte ein Vorschulkind im Griechisch-Kasten gestöbert. Der Song ist aber nicht uninteressant, vom erneut schlecht eingesetzten Frauen-Backing abgesehen. Keyboard-Songs müssen ja nicht schlecht sein, das vergisst man beim Schaffen der Chicagoer Band manchmal. Gerade zu Beginn fällt der Track noch ordentlich catchy aus, bevor klar wird, dass da nichts Neues mehr kommt.
"Moss" gerät trotz stampfendem Beat weinerlich, aber das passiert immerhin zu Corgans Stimme hervorragend. Wenn ich nicht völlig durchgedreht bin, lässt der Maestro seinen Frauenchor hier "meow, meow" im Hintergrund trällern, und wenn das nicht ein Alt-Right-Meme ist, das an mir vorbeizog, dann ist es ja schon irgendwie bemerkenswert und die Verbindung zum Text will sich mir nicht erschließen. Der Song verliert trotz anfänglichen Schwungs wieder rasch an Wirkung, da er keine neuen Ideen entfaltet. Dagegen scheint "Night Waves" schon zu Beginn genug Keyboard-Komplexität für den Rest des Liedes herzugeben, allerdings zerschießen die schlagenden Kürbisse dieses gute Songwriting mehrfach für unnütze Pausen, die wohl eine Art Drop einbauen sollen, der nicht aufgeht.
"Space Age" beginnt schön, da Corgan schmachtend singt, was er immer noch kann, und die Instrumentierung sich um ihn herumlegt und nicht, wie auf diesem Album zumeist, der Eindruck entsteht, Vocals und der Rest seien in separaten Sessions entstanden. Nach einer guten Minute passiert dann zu wenig, bevor bei Billy mal wieder der Kitschonkel durchkommt und er sich in der All-Idee allzu sehr verliert und eher die Sterne anstarrt, statt über sie zu singen. "Every Morning" ist bis dahin das Albumhighlight, lässt sich nämlich Zeit, zeigt seine besten Karten nicht sofort, besitzt einen Achtziger-Charme und fährt die beste Corgan-Sangesleistung auf diesem Album auf. Zum Ende erkennt man sogar kurz, was möglich wäre, wenn Iha und Schroeder während der Aufnahmen nicht meistens im Vorraum hätten warten müssen. "To The Grays" ist ein flotter, völlig brauchbarer Song und läuft "Every Morning" dementsprechend gleich den Rang ab. Corgan wirkt motivierter, Beat und Gitarren spielen tatsächlich miteinander und auch wenn Chamberlin sich wieder wie ein gebrauchter Drumcomputer von ebay anhört, bleibt der positive Gesamteindruck bestehen. Das liegt vor allem an den zögerlichen, aber gefälligen Gitarrenfiguren.
"Beguiled" erinnert den Hörer dann aber rasch daran, dass wir uns nicht mehr in den Neunzigern befinden und mehr als zwei okaye Songs am Stück von dieser Band anscheinend physikalisch unmöglich zu erwarten sind. Wieder Schweinerock, auch diesmal nicht komplett verunglückt, aber ohne Seele, Gefühl, Vision oder Songidee und dementsprechend in der Hörerfahrung schlecht. "The Culling" macht es deutlich besser. Wäre das Ding zweieinhalb Minuten kürzer, könnte das ein richtig gutes Stück Schmacht-Pop sein. Der Closer "Springtimes" lässt zunächst schlimme Erinnerungen an das debile Elfenpornogedudel von "Act I" hochkommen, fängt sich aber rechtzeitig und kann ganz zu Beginn sogar Sympathiepunkte für seine Naivität einheimsen.
"ATUM – Act II" ist um Lichtjahre besser als "Act I", deshalb aber noch längst nicht gut. Doch der darbende Fan nimmt schon die wenigen Lichtblicke, die von der Corganschen Glatze reflektieren, dankbar auf. Teil drei wird dann vielleicht schon fast gut, und das Bonusmaterial, das ja so groß wie ein Teil vier ausfallen soll, darauf freuen wir uns jetzt schon. Es geht voran im Corganschen Lummerland!
5 Kommentare mit einer Antwort
Sehr treffende Rezension. Eigentlich ist das hier echt nicht gut, nach Act I ist man aber sogar hierfür schon dankbar.
Was haben wir damals alle (auch durchaus nicht zu Unrecht) über "Zeitgeist" geschimpft, verglichen mit den aktuellen Veröffentlichungen war das fast ein Meisterwerk.
Das sind nicht "Smashing Pumpkins" das sind "Corgan's & Cole's Theatre of epic Cringe and endless Boredom". Zwei oder drei sub-mediocre Songs machen noch kein passables Album. Ja, Part II ist ein klein wenig besser als Part I (Betonung liegt auf klein wenig) aber das ist immer noch ein lauer Furz im Vergleich zu einstigen Großtaten. Bisher klingen alle Songs auf dieser "Rock-Oper" wie verworfene Demos und B-Sides von CYR... und da CYR bis auf einigen einzigen richtig guten Track bereits auch eine peinliche Selbstdemontage war will das was heißen. Gehört 1/5.
Stimmt leider Asturas, schlimm
Dieser immergleiche Frauen Background-Gesang nervt mich mittlerweile total ab, ebenso diese billigen und sterilen Keyboard-Sounds. Ich habe mal vor einiger Zeit gesehen, wie Billy C. auf seiner wiedergefundenen (weil geklauten) Gish-Gitarre klimpert und das hat mich total geflasht. Wäre schön, wenn er da nochmal die Biege bekommt. Aber im derzeitigen Zustand ist die "Band" für mich kaum zu ertragen, da hat die Reunion leider absolut nichts gebracht.
Diese Review ist deutlich fairer als bei Teil I, da die persönliche Verachtung und der Hass auf B.C nicht mehr ganz so durchscheinen. Wenn Machina vier und Shiny .... drei Sterne bekam, ist dies sogar nachvollziehbar. Der letzte Absatz lässt mich recht versöhnlich zurück. Vielleicht gibt es ja beim dritten Teil drei Sterne und beim vierten vier.
Wie beim ersten Teil sind einige gute Songs dabei - finde ich -und ich konzentriere mich auf diese Lichtblicke.
Genau