laut.de-Kritik
Tumbe Rastafari-Phrasen bleiben hier außen vor.
Review von Dani FrommLängst hat Reggae seinen Ursprungsort verlassen und expandierte weit über die Grenzen der karibischen Inseln hinaus zu einer weltweit präsenten Bewegung. Die italienische Formation zollt dem Tribut: im Sound, vor allem aber in der Themenwahl.
Von Unruhen in Tibet über das ehrenhafte Anliegen "Save All The Kids" zum südafrikanischen Apartheid-System, vom Schicksal eines chinesischen Arbeiters zu dem des nigerianischen Bürgerrechtlers Ken Saro Wiwa: Smoke spannen weite Bögen. Rastafari-Phrasen ober debil-bekiffte Fröhlichkeit bleibt außen vor.
Die Mailänder, die in der Person des Südafrikaners Séan Daniel Martin eine wahre Vokalisten-Perle aufgetrieben haben, fordern ihre Hörerschaft. Stellenweise überraschend hell, bildet die Stimme des Sängers einen unaufgeregten Ruhepol in den beschriebenen Wirrnissen.
Der Kulturspagat gerät schon ein wenig irritierend. Inhalte und musikalische Ausgestaltung zwacken sich zuweilen. Einen "Iron-Man Wang" beispielsweise sehe ich schlicht nicht in einem Reggae-Umfeld. Aber: Kein Rauch ohne Feuer. Das gilt auch und ganz besonders im Fall Smoke.
Die Jungs investieren Herzblut und solide Handarbeit. Die Karibik, Afrika, aber auch das europäische Erbe hört man "Routes" durchaus an. Neben jamaikanischen Grooves und Dub-Spuren fließen Jazz-Elemente und hier und da eine Prise Rock ein. Die Bläser in "Island" entstammen der guten alten Funk-Schule.
Dicke Percussion erweitert in "Addicted" ein hörbar gut aufeinander eingespieltes Bandgefüge. Zudem bietet die Nummer, bei der Alborosie seine Finger im Spiel hat, Raum für ein Saxophonsolo. Perlende Piano-Läufe, quäkende Orgelklänge und eine satte Portion Blues vermitteln in "Wasn't It You" die angenehme Atmosphäre, in der man gerne mal abends traurig an der Bar versackt.
Tunes wie dieser bilden immer wieder willkommene Ruhepunkte im Strudel der schlechten Nachrichten und unerquicklichen Geschichten. Denen zum Trotz gilt es, die Balance nicht zu verlieren, den Spaß an der Sache zu bewahren und nicht an der eigenen Betroffenheit zu ersticken. Deshalb: "Let There Be Light".
Obwohl mir "Routes" über weite Strecken zu wenig speziell, zu un-charakteristisch tönt: Im abschließenden "If" mit theatralischen, dunklen Drums und gesprochenen und gesungenen Passagen fühle ich mich mehr als einmal an Spearhead erinnert - und das spricht schließlich für sich.
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