laut.de-Kritik
Antidepressiva in hohen Dosen.
Review von Mathias MöllerSolea müssen einen engen Draht zu den Wettergöttern haben. Da hatte ich schon beim ersten Durchhören ihres selbstbetitelten Neuwerks bedauert, dass der Sommer bereits vorüber schien, denn "Solea" ist der Sommer in Ton. Und nun kommt, pünktlich zum Veröffentlichungstermin, die Sonne noch mal zurück und beschert uns heiße Tage im Park mit Solea und viel Zitroneneis.
So weit, so gut. Doch schon die erste Nummer macht stutzig. "Apotheke"? Das klingt nach Husten, Schnupfen, Heiserkeit und den beiden nervigen Zwillingen aus der Werbung. Harr; harr, ausgetrickst, sagen sich Solea und hauen in die Saiten, dass die Sonne aus dem Verstärker strahlt. Mit "Apotheke" verschreiben Solea Antidepressiva in hoher Dosierung. So großartig das Album beginnt, hier haben wir leider schon den Gipfel passiert. Schon "Mercy Was Here", ein gefälliger, Kalifornien huldigender Schunkler erweist sich als nur noch dreiviertel so interessant.
Hier offenbart sich, was bei Solea der Knackpunkt ist: die stark gefühlsbetonten (ja, ich meine das böse E-Wort) Uptempo-Nummern funktionieren wirklich prima - "I'm Waiting" oder auch das forsch rockende "Frankie Machine" belegen dies. Aber die Schmachtstücke hätten sie sich sparen können. "Make It Last" transportiert wenigstens noch ein bisschen Stimmung, aber "The Last Word" gerät zu beliebig und zu lang, trotz der Positionierung am Ende bleibt wenig davon hängen.
Die halbe Ballade "Where You Belong" besticht dagegen durch eindringlichen Chorus und eine gehörige Portion Wärme. Auch in "So Far Gone" treiben sich die Westküstler beim Refrain in höhere Leistungsklassen, sie wissen offensichtlich, wie man Ohrwürmer macht. Kein Wunder, wenn man sich die Meriten einiger Mitglieder ansieht. Namen wie Texas Is The Reason oder Samian stehen im Alternative-Bereich bereits seit längerem für Qualität.
Wäre nach dem schwer nach Achtziger klingendem "Shuffle" (das soll nicht abschrecken - der Song kann einiges!) und dem Tanzbein treibenden "Leaving Today" Schluss, "Solea" wäre der spätsommerliche Sonnenschein in jeder CD-Sammlung. Aber vielleicht steckt ja auch hinter besagten "Make It Last" und "The Last Word" der Pakt mit den Wettergöttern, und Solea bereiten uns darauf vor, dass selbst der goldenste Sommer einmal vorbei gehen muss. Komm ruhig, Herbst!
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