laut.de-Kritik
Melancholische Skizzen und ein Hauch von Sommer.
Review von Artur SchulzMit "Memory Loves You" legt die aparte schwedische Künstlerin ihr sechstes Album vor (die Kompilation "Decade Of Dreams 1995-2005" nicht dazu gerechnet). Viel geändert hat sich nicht. Noch immer verzaubert Sophie Zelmani mit betörender Stimme, eingebettet in zumeist ruhige, detailreich strukturierte Songs, die sich um Liebes- und sonstige Gefühls-Wirren drehen. Nichts wirklich Neues auf den ersten Blick, aber: Die zehn Titel des Albums bewegen sich auf Sophies ganz unnachahmlichen Niveau.
Mit leisem Schlagzeug und warmer Akustik-Gitarre umschmeichelt der Opener "Wait To Cry". Sophie erzählt ihre Geschichte mit streichelnder Stimme und beweist gleich zu Beginn ihr einzigartiges Gefühl für berührende Stimmungen und Melodien. Aufkommende Streicher im Hintergrund veredeln den Track zum Ende hin. Der Titelsong "Memory Loves You" legt ein etwas höheres Tempo vor - was bei Sophie aber niemals Schlagzeug-trommelnde Hektik bedeutet. Wohlig temperiert entführt sie den Hörer in ein umarmendes Sound-Traumland. Als sehr zurückgenommen, nahezu still und spartanisch instrumentiert, zeigen sich "I Got Yours" und "Sorrow".
"Broken Sunny Day" besticht erneut mit prächtigem Song-Aufbau: Zunächst fragil und zurückgenommen startend, glänzt der Track zum Ende mit furiosem, temporeichem und doch harmonisch abgestimmtem Zusammenspiel von Orgel, Gitarre und dezentem Schlagzeug. Selbst wenn es sich hier musikalisch um einen eigentlich Glück verheißenden, gar heiteren Sommertag handelt, fehlen, wie im Titel bereits angedeutet, zumindest textlich bei Sophie die gebrochenen Momente nie: Das uneingeschränkte Glück scheint nicht auffindbar, selbst in Tagen wärmenden Lichts. "Travelling" tanzt als beschwingte Pop-Nummer in dezentem Country-Anstrich vorbei.
Voll in seinen Bann zieht der wohl stärkste Album-Track "Love On My Mind". Sophie zieht alle Register und zelebriert ein nachhaltig bewegendes Stück Musik. Hauchzart und intim bestreitet sie das Vorspiel mit wunderschönen, eleganten Melodik-Variatonen intoniert, bis sich der Titel in einen immer stärker anschwellenden, instrumentalen Schlagzeug-Hauptteil hineinsteigert, um dann als Epilog noch einmal mit dem gesungenen Haupt-Thema abzuschließen. Ein Song wie ein großartiges, anrührendes Film-Melodram - große Gesten, bewegende Gefühle und eine Hauptdarstellerin, die zielgenau ins Herz trifft. Emotional und fragil eingesungen, verbietet sich beim Genießen des Titels das leiseste Nebengeräusch: Man will diese einzigartige Stimmung nicht zerstören und lauscht fasziniert dem süchtig machenden Gesang Sophie Zelmanis.
Trotz des mittlerweile umfangreichen Werks dürfte die Künstlerin auch mit "Memory Loves You" den Status des ewigen Geheimtipps nicht gänzlich ablegen können. Die Mitdreißigerin hat dafür aber neben treuen Fans seit langem ihre ganz eigene, nahezu zeitlose Nische gefunden - und die hat erfreulicherweise nichts mit lieblosen Top Ten-Charts-Reissbrett-Produktionen zu tun. Unter der bewährten Federführung ihres langjährigen Produzenten Lars Halapi verfeinert und veredelt Sophie Zelmani ihren persönlichen Stil ein weiteres Mal. Ihre leichthändig erscheinenden, hingetupften Melancholie-Skizzen bedauern die Vergänglichkeit des Augenblicks und die Flüchtigkeit von Glücks-Momenten: Dinge, die schmerzen, die jeder kennt und immer wieder erleben wird. Da tut es gut, eine verständnisvolle Freundin für tröstliche Stunden zu wissen.