laut.de-Kritik

Klangexperimente und ein bemerkenswertes Cover.

Review von

Im Juli 2016 traten Tindersticks auf dem Stimmenfestival in Lörrach auf. Nicht auf dem Marktplatz und auf der Hauptbühne, sondern unter Bäumen im viel kleineren Rosenfelspark. Trotz der idyllischen Umgebung hatten sich nur wenige Zuschauer eingefunden, die in sicherem Abstand zur Absperrung standen. Frontmann Stuart A. Staples und seine Band ließen sich keine Enttäuschung anmerken und lieferten einen gewohnt intensiven Auftritt ab. Aber vielleicht spielte auch dieser Abend eine Rolle, wenn der Sänger zwei Jahre bei der Veröffentlichung seines dritten Albums unter eigenem Namen anmerkt: "2016 war so etwas wie ein verlorenes Jahr".

Eine klare Grenze zwischen Tindersticks und Staples zu ziehen ist im Laufe der Jahre freilich schwieriger geworden, hat der Frontmann den Klang der Band doch immer mehr nach seinen Vorstellungen geformt. Von Songs im klassischen Sinne haben er und seine Mitstreiter sich schon längst verabschiedet. Eher spielen sie mit Rhythmen und Klangfarben, um abstrakte Bilder im Kopf des Hörers zu erzeugen. Oder tatsächliche Bilder zu begleiten, wie auf auf ihrem Soundtrack zu "Minute Bodies: The Intimate World Of F. Percy Smith" (2017).

Ein Jahr später geht Staples noch einen Schritt weiter. Die B-Seite von "Arrhythmia" (Vinyl ist bei diesem Album das beste Medium) besteht aus dem 30-minütigen Instrumentalstück "A Year In Small Paintings". Seine Frau Suzanne Osborne hatte einen Zyklus aus 365 Bildern gemalt, auf denen der Himmel zu sehen ist. Staples bat Besucher, ihre Eindrücke klanglich umzusetzen. "Ich arbeitete mit diesen Aufnahmen. Jedes Mal, wenn eine neue Ausstellung stattfand, gab es als Begleitung eine neue Version der Musik", so Staples.

Schließlich drehte die befreundete Regisseurin Claire Denis den Film "Un Beau Soleil Interieur", in dem auch die Bilder vorkommen, und nutzte Staples' Stück als Soundtrack. Ein halbe Stunde Ambient mit Klarinette, Gitarre, Bass, Keyboard und vor allem wabernden Klängen, die eher einlullend als bedrohlich wirken.

Seite A klingt dagegen schon fast konventionell. "A New Real" spielt mit verschiedenen Rhythmen (ohne unrhythmisch zu wirken, wie der Titel des Albums nahe legt), Loops und Staples' tiefer, hier schon fast lustloser Stimme. "Memories Of Love" ist zwischendrin gespickt mit Glocken, "Step Into The Grey" endet mit einem Gewirr aus Streichern und Perkussionen.

Klangexperimente, also, die nach Staples (und Tindersticks) klingen, es diesmal aber nicht wirklich schaffen, den Hörer in ihren Bann zu ziehen. Dafür ist das Cover umso bemerkenswerter - ein Holzblockdruck, den Staples gemeinsam mit seiner Frau erstellte

Trackliste

  1. 1. A New Real
  2. 2. Memories Of Love
  3. 3. Step Into The Grey
  4. 4. Music For A Year In Small Paintings

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