laut.de-Kritik
Britisches Indie-Pop-Debüt mit dreieinhalb Knallern.
Review von Michael SchuhFragt man die Mitglieder von Swim Deep, welche Festival-Headliner für sie prägend waren, fallen Namen wie The Strokes und The Libertines. Dies sagt weniger etwas über ihren eigenen Sound aus als vielmehr über ihr Alter: Als die frischgebackenen Twens erstmals Konzerte besuchen durften, hatten die Strokes mit ihren ersten drei Alben praktisch schon alles gesagt und die Libertines sich längst aufgelöst.
Man muss daher kein Rechenkünstler sein, um festzustellen, dass SD-Sänger Austin Williams und Kollegen noch gar nicht unter uns weilten, als das Debütalbum der Stone Roses 1989 die Indie-Welt elektrisierte. Dennoch haben sich Swim Deep vom luftig-psychedelischen Gitarrenpop der Mancunians einiges abgeschaut. Und das ist erst mal eine absolut weise Entscheidung.
Anders als viele Gleichaltrige lungerte das Quartett in den letzten Jahren nämlich nicht nur auf Festivals herum, sondern verfasste auch eigene Songs, die nun allesamt auf dem Debütalbum gelandet sind. In England ist in den letzten zwölf Monaten aufgrund der Vorabsingles "She Changes The Weather", "Honey" und "King City" eine enorme Erwartungshaltung entstanden, die Swim Deep leider nur teilweise einlösen. Wohl dem also, der im rückständigen Popuniversum Deutschland lebt, denn ohne jegliches Vorwissen ist das Swim Deep-Debüt eine relaxte Spätsommerplatte geworden.
Während "King City" vor allem dank des 4/4-Beats an MGMTs große 80er-Momente erinnert, zeigen "Honey" und "She Changes The Weather", wozu die Birmingham-Kids in guten Augenblicken fähig sind: Rollende Bassläufe, schwelgerische Gitarren und packende Hooks, vorgetragen vom manchmal noch etwas kieksigen, dafür aber mit jugendlichem Übermut ausgestatteten Organ des Sängers Williams. "Honey" bezieht seine Magie auch aus den weiten Räumen, die die Band immer wieder entstehen lässt.
Den Eindruck eines One-Hit-Wonders, den das leider völlig hanebüchene Cover befeuert, wischt "Francisco" gleich zu Anfang vom Tisch. "It's time to wake up isn't it?", sind Williams' erste jauchzende Worte, die einerseits auf den träumerischen Soundtrip vorbereiten, gleichzeitig aber ungewollt auch auf die einschläfernden Füllertracks hinweisen.
"Colour Your Ways" mit seinen cheesy Synthies überschreitet die Grenze zur Belanglosigkeit ebenso wie die viel zu zaghaften "The Sea" und "Red Lips I Know". Hin und wieder hätten Swim Deep ruhig auch mal die Gitarren-Amps aufdrehen dürfen, gerade auch im ruhigen "Stray", das im Mittelteil ohnehin einen reinen Gitarrenpart aufbietet, der dann aber nur harmlos dahinplätschert. Where the heaven are the hits?
Insgesamt ist da also noch Luft nach oben erkennbar, dennoch legen Swim Deep ein softpoppend anschmiegsames Debüt vor, das auch für Liebhaber von Bands wie Ride oder auch The Drums Anknüpfungspunkte liefern sollte.
1 Kommentar
"King City" kannte ich sogar. Die anderen Singles klingen auf's erste Anhören auch ganz hübsch, aber bei der Rezension spar' ich's mir direkt, das ganze Album durchzuhören.
Und wer auch immer das Cover verschuldet hat, der gehört schwer verdroschen.