laut.de-Kritik
New Wave mit schneidenden Gitarren, unterkühlter Stimme und bibbernden Drums.
Review von Gina KutkatDie fünf Teenagers In Tokyo machen es einem nicht leicht, was ihre Verortung angeht. Auch musikalisch weiß man nicht sofort, woran man ist. Als junge melancholische Hipster, die sich musikalisch dem reduzierten Indie-Punk verschreiben, passen sie gut in die kalte Inselhauptstadt. Oder in das unheimliche Tokio aus Sophia Coppolas "Lost in Translation". Weit gefehlt: Die fünf Teens kommen aus dem sonnigen Sydney.
Vielleicht ist das sogar ihr größtes Geheimnis: Wie kann man solch sinistre, langsam kriechende und dunklen Sounds produzieren, wenn draußen die Sonne scheint und der Strand ruft? Klar jedoch, dass die fünf Teenagers In Tokyo mit "Sacrifice" ein Debütalbum erschaffen haben, das auf einer der aufregendsten Welle der letzten 30 Jahre surft: Der New Wave. Scharf schneidende Gitarren, nervös bibbernde Drums, die unterkühlte und lakonische Stimme von Sängerin Samantha Lim und Synthie-Muster wie bei Joy Division. Willkommen in der kalten, dunklen Welt der Teenager.
Was "Sacrifice" mit seinen Hörern macht, kann man getrost als The-XX-Faktor bezeichnen: Teenagers In Tokyo flüstern einem reservierte, erstaunlich reduzierte Melodielinien ins Ohr, die sich an Größen wie The Cure und Joy Division orientieren. Das klingt zunächst alles ziemlich unaufgeregt und freudlos, steigert sich jedoch durch hymnische Synthie-Themen und anhängliche Gesangsmelodien zu einem kleinen Flirt mit der Tanzfläche. Die fünf Australier legen ein Album vor, das sich zwar besser als Soundtrack für den vergangenen Winter eignen würde, aber auch in den trostlosen Nachtstunden zwischen 2 und 5 Uhr morgens funktioniert.
"Long Walk Home" ist eine zurückgenommene Liebesballade, deren Uh Uh Ahhh Uh Uhs im Refrain gleichzeitig verloren und hoffnungsvoll klingen. Schön auch der Text: "It's a Long Walk Home and I Wanna Walk It With You". Bei "New Day" blitzt kurzzeitig der Optimismus durch, wird aber sogleich wieder durch "End It Tonight" zerstört: "I Lose Myself Everytime I Lose Myself With You".
"Peter Pan" trägt zwei schöne Sätze in sich, die davon zeugen, dass all die Tristesse verpufft, wenn man einen Menschen gefunden hat, der sich um einen sorgt. In der ersten Strophe heißt es: "I get the feeling that there's someone watching over me / I feel your shadow like a warmth that is surrounding me."
Mit "Sacrifice" gelingt Teenagers In Tokyo ein Album, das sich souverän durch die regnerischen Sommertage schaukelt und melancholische Herbstgefühle verbreitet.
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