laut.de-Kritik
Ein Leben am Rande der Sinnnlosigkeit.
Review von Anastasia HartleibDie Beats so synthetisch wie der Drogenkonsum, brettern die TeppichMesserBois ins Game. "Low Life High Kicks" macht genau das, was sein Titel vorhersagt: Es tritt dir aus der hinterletzten Gosse in die Fresse, nur, um dich danach nach unten zu ziehen, damit es dir lachend seine Genitalien ins Gesicht drücken kann. Willkommen in der schönen neuen Welt!
John F. Enemy und Nagatomi, letzterer anderweitig auch unter dem Namen Hiro MA unterwegs, liefern mit ihrem Debüt ordentlich ab. Nagatomi baut zwischen die sphärenreichen Synthie-Bretter ruhigere, düstere Momente und beweist wieder einmal sein Händchen für den richtigen Einsatz von Film-Samples.
Und Enemy macht das, was er am besten kann: Er spuckt Feuer. Meistens in Form der, nun ja, "Zeugnisse" der letzten Nacht, aber immer mit einem anständigen Maß Galgenhumor. "Erzähl' mir nichts von 16 Bars, wir war'n nur in einer". Aber wenn den "Oregano-Ticker" der "Blitz" trifft, dann lässt er tief in die Abgründe seiner Gedanken blicken.
So geschehen in "Exitus", dessen Beat überraschend boombappig gerät und der dank seines souligen Samples und der übermächtigen Gitarre den perfekten Sound zum Weltuntergang liefert: " Wenn du zitternd an der Schwelle mit der Klinge stehst, die Münzen für den Fährmann durch deine steifen Finger drehst / Ein Drittel schon längst weg von hier, ein Drittel auf dem Weg / ein Drittel blutet mit, für den Rückweg ists zu spät."
Mutiert "Zucker Über Japan" zum Brett, das eine ekstatische Masse in die sich schwitzend windenden Eingeweide eines lichtdurchzuckten Kellergewölbes verwandelt, tropft "Idiot Savant" düster vor sich hin. Zwischendurch erklärt der "Romeo der Klappmesserromantik" ein paar Spielregeln: "Regel Nummer eins: Deutscher Rap ist nicht lustig / Regel Nummer zwei: Hol' dich vom Longboard mit Pushkick / Regel Nummer drei: Es kann nur rappen, wer auch Luft kriegt."
Die TeppichMesserBois helfen, den "Alltag Am Rande Der Sinnlosigkeit" zu überstehen. John F. Enemys scharfer Humor und seine abgrundtiefen, hasslastigen Zeilen fühlen sich an wie Balsam für die geschundene Seele, während Nagatomi mit seinen erstklassigen Beats die Wunde verbindet. Nur, um danach mit der "Aprilia" Racer auf einem großflächigen Synthie Richtung Sonnenuntergang zu fahren.
"Low Life High Kicks" erdet. Ob man nun dazu laut schreiend Bierflaschen an die Wand schmeißt, schweißgebadet durch den Club springt oder einfach nur den abstrusesten Gedanken freien Lauf lässt: So oder so geht es danach besser.
2 Kommentare mit 2 Antworten
TeppichMesserBois und keine Review von Dani?
... na, also bitte! will doch nicht, dass jemand sagen kann, die kriegen ihre gute bewertung bloß, weil sie familie sind.
"aprilia" - ÜBERHIT.
platte überhaupt bombe geworden. hat ja auch lange genug gedauert.
Habe ich mir als Degenhardt-Jubelperser natürlich angehört. Ist irgendwie ne gemischte Sache. Einerseits gefallen mir die Produktionen und die Lyrics größtenteils, die Delivery ist aber ausbaufähig. Und irgendwie komische Entscheidungen beim mischen um das Mal vorsichtig auszudrücken. Vielleicht sollte ich mir auch das noch Mal anhören, mach ich eh tausendmal lieber als irgendeinen Eno oder Twin. Zum jetzigen Zeitpunkt sind meine 3/5 schon großzügig...