laut.de-Kritik
Die Berliner präsentieren 25 Lieder aus fast neun Jahren Bandgeschichte.
Review von Alexander CordasEs ist so weit! Auch die Terrorgruppe konnte dem Lockruf der Fans (und natürlich auch des Geldes) nicht widerstehen und bringt nun endlich ein Live-Album unter die Massen. Nachdem die allseits beliebte Punkband auf ihrer hauseigenen Website die Besucher nach einem geeigneten Titel für eine Live-CD fragten und einige grandiose Vorschläge wie "Regentropfen die an dein Fenster klopfen", "UGA BUGA - lustige Sexpraktiken wilder Negerstämme!" oder "Fuck the Fucking Fuck Fuckers!" zur Abstimmung stellten, ist es leider keiner dieser Titel geworden – die Terrorgruppe entschied sich um, nahm das Ruder der Titelfindung selbst in die Hand und taufte den Tonträger auf den langweiligen Namen "Blechdose". Einen Vorteil hat das wenigstens – so kommt die CD in einer namensgebenden, schmucken Blechdose in die hiesigen Musikläden. Hat ja auch was...
Doch nicht nur äußerlich sorgt die Gruppe-mit-dem-familienfreundlichen-Bandnamen™ für einige Überraschungen – auch die Aufnahmen der Konzerte bleiben nicht unbearbeitet! Nach ihrem flugs selbst erdachten Sprichwort "Lüge ist Wahrheit!" sampeln sie froh und fleißig immer mal wieder Jubelgekreische einer Horde japanischer Teenies in ihre Ansagen und ab und zu darf ein Franz Beckenbauer Sound-a-like die Terrorgruppe ansagen. Das ganze gipfelt in einer Einspielung eines ganzen Orchesters in einem ihrer Songs. Ob man das wirklich als lustig bezeichnen kann, muss wohl jeder selbst mit sich ausmachen. Eine Prämisse, die auch für die Ansagen gilt: Wer sein Publikum dazu anspornt, die Frage "Seid ihr alle gut drauf?" mit "Fick dich du Arschloch (und spiel Gitarre)!" zu beantworten, kann wohl nur Gelächter oder Kopfschütteln ernten. Ich zumindest amüsiere mich köstlich – wenn man einmal von ihrem traditionellen Aufruf zum Blutpogo absieht. Ich bin wirklich nicht zart besaitet, aber spätestens seit Roskilde kann ich über solche Späße nicht lachen ...
Wenn es aber um das wichtigste, die Musik, geht, ist die Terrorgruppe über jeden Zweifel erhaben. In der prall gefüllten Blechdose finden sich insgesamt 25 Lieder aus nunmehr fast neun Jahren Bandgeschichte: Ob der grandiose Ohrwurm "Schöner Strand" von ihrem ersten Album "Musik für Arschlöcher", das ska-infizierte Schmugglerlied "5 Kilo"(im Darm), das lustige "Adolf Hitler (dem sein Bart)", "Destroy The Krauts" von ihrem letzten Album "1 World – 0 Future", das flotte Dreier-Medley "Dicke Deutsche fahren mit dem Wochenendticket in die Hauptstadt" und natürlich der Hit "Namen vergessen", es ist für jeden Fan etwas dabei und die Songauswahl lässt nur wenige Wünsche offen. Zugegeben, einige Hits wie "Linda" oder "Der Rhein ist tot" sind nicht vorhanden. Dafür gibt es mit der Jubelhymne "Ernst August" und der Coverversion "Sunny" 1 ½ neue Kompositionen der Terrorgruppe zu hören und der absolut fette Livesound gehört klar zur Oberklasse der derzeit erhältlichen Live-Alben – nicht nur im Punkrockbereich. Klar, dass da etwas im Studio gefeilt wurde, das ist am auffälligsten bei der Stimme, die auf Live-Konzerten um einiges leiser ist als auf dieser CD, zu hören. Allerdings wurde glücklicherweise der Sound nicht zu glatt poliert, dass die "Blechdose" nicht bloß ein Best-Of ist, sondern live, hört ein Blinder mit 'nem Krückstock! Fazit: Kaufen. Punkt. Wer auch nur annähernd etwas mit melodischem Punkrock zu tun hat, kann hier bedenkenlos zugreifen. Und Fans der Terrorgruppe sowieso ...
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