laut.de-Kritik

Das geht volle Möhre in die Röhrenjeans.

Review von

"Wir arbeiten da mit Instrumentierungen, zum Beispiel mit Bläsern und Synthesizern, die wir noch nie zuvor ins Spiel gebracht haben. Deshalb klingen wir jetzt so anders und neu." Man könnte es auch Experimentierfreude nennen. Da bimmeln die Alarmglocken bis zum Gehörsturz.

"Erwachsener" will man geworden sein. Hört, hört. "Es geht um einen Kerl, der vom rechten Pfad abkam, und ihn durch Reflexion und Selbsteinschätzung wiederfand." So jedenfalls erklärt Sänger Tyson Ritter das auf elf Tracks verteilte Gesülze der mittlerweile vierten Scheibe.

Erst trällert der Basser von einer verflossenen Liebe ("Someday's Gone"), ehe er sich von seiner verliebten Seite mit einem alles sagenden "Ladaadaaadaaaa" zurückmeldet. Die "Beekeeper's Daughter" summt mit elektronischem Antrieb ruhig und gelassen über ein paar Bläser hinweg und landet direkt in den Büros der Mainstream-Radios. 'Nett' umschreibt das Vorgetragene treffend.

"Fast And Slow" kurvt lächelnd und winkend am Indie-Rock-Territorium vorbei. Die gedrosselte, synthetisch verzerrte Stimme passt zu den gluckernden Keyboard-Sounds im Hintergrund. Den Hörer beschleicht die Erkenntnis: Der Vierer aus Oklahoma muss nun völlig aus den rotzfrechen Skatepunk-Stiefeln herausgewachsen sein. Was sich auf der letzten LP bereits anbahnte, nimmt hier so richtig Fahrt auf.

Der Songschreiber und Vokalist taucht in "Heartbeating Slowing Down" ins grauenhaft Schnulzige ab, schmachtet mehr als dass er singt, stets begleitet von verzerrten Elektro-Geräuschen, die sich schwer zuordnen lassen. Dazu kommt der klägliche Versuch, mit einem an Schallplatten erinnerndes Kratzen dem Song einen gewissen 80er Jahre-Anstrich zu verpassen. Das geht volle Möhre in die Röhren-Jeans.

Der Vintage-Look zieht auch in "Walk Over Me" hinein, ohne dass es den – nun, wie soll man sie eigentlich artgerecht titulieren? – Poprockern/Elektropoppern stehen würde. Nach knapp vierminütigem Stirnrunzeln machte ich mir Sorgen um meine Anlage und prüfte mit dem Zweitling "Move Along" den Klang meiner Boxen. Tadellos. Die meinen das mit diesem Störgeräusch-Möchtegern-Garagen-Sound also tatsächlich ernst.

Glockenspielartig beginnt der Albumtitel. Ein unbändiger Drum-Rhythmus sticht hervor, verliert aber an Bedeutung, sobald die poppigen Synthie-Melodien auftauchen, die das Stück auf die Massen zuschneidern. Manches, das da anschließend aus den Speakern krächzt, könnte auch aus Kindermündern stammen, die in einem stehenden Boxauto sitzen und sich vorstellen, den bösen Nachbarjungen zu rammen. "Bleed Into Your Mind"? Mir blutet es aus den Ohren.

... und noch ein Schmachtfetzen! Namentlich "I For You": Die Akustische schreddert, es gesellen sich Streicher-Elemente hinzu, die dem Ganzen stereotypisch eine melancholische Note verpassen sollen. Nach elf Songs wandert der sehnsüchtige Blick gen CD-Regal. Erholung!

Von wegen. Mit "Drown Next To Me" legt die ausgedehnte Bonus-Track-Liste den ersten Gang ein. Gesülze reloaded. Vier weitere Demo-Versionen beweisen, dass ein Studiosong, der kein Feuer fängt, als B-Seite noch spärlicher vor sich hin glimmt.

Produzent und Mastermind Greg Wells schliff diesen Silberling auf Pop-Hochglanz. Bekannt für die Zusammenarbeit mit Adele, Pink oder Katy Perry, versprechen sich Labelbosse - und wahrscheinlich auch die Bandmitglieder - von dieser Zusammenarbeit einen einschneidenden Erfolg. Dieser Plan könnte mit der üblichen Werbemaschinerie auch aufgehen. Allerdings verkommt The All-American Rejects so vollkommen zu einer auswechselbaren Boygroup ohne Rückgrat, die im morastigen Sumpf der Formatradios untergeht.

Trackliste

  1. 1. Someday's Gone
  2. 2. Beekeeper's Daughter
  3. 3. Fast And Slow
  4. 4. Heartbeat Slowing Down
  5. 5. Walk Over Me
  6. 6. Out The Door
  7. 7. Kids In The Street
  8. 8. Bleed Into Your Mind
  9. 9. Gonzo
  10. 10. Affection
  11. 11. I For You
  12. 12. Drown Next To Me
  13. 13. Someday's Gone (Demo)
  14. 14. Bleed Into Your Mind (Demo)
  15. 15. Do Me Right (Demo)
  16. 16. Fast And Slow (Demo)

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15 Kommentare

  • Vor 12 Jahren

    @blindluck

    naja, wobei man ehrlich gestehen muss, dass Nickelback einige tatsächlich brauchbare nummern hat. Und einige Live performances kann man auch gut ansehen (sharp dressed man haben sie z.B. relativ stark gecovert).

    Soll jetzt keine Verteidigungsrede sein, aber wenn ich zwischen All American Reject und Nickelback wählen müsste, dannwürd ich sofort Nickelback sagen.

  • Vor 12 Jahren

    @Rocksteady (« @blindluck

    naja, wobei man ehrlich gestehen muss, dass Nickelback einige tatsächlich brauchbare nummern hat. Und einige Live performances kann man auch gut ansehen (sharp dressed man haben sie z.B. relativ stark gecovert).

    Soll jetzt keine Verteidigungsrede sein, aber wenn ich zwischen All American Reject und Nickelback wählen müsste, dannwürd ich sofort Nickelback sagen. »):

    Nickelback wird irgendwie zu Unrecht so gehasst. Es gibt immer mal wieder ne Single die besser ist und eine die nicht gut ist. So ist das nunmal

  • Vor 12 Jahren

    Leute, vielleicht solltet ihr die All-American Rejects einfach mal intensiv anhören, bevor ihr sie mit Black Pony und Nickelback verbindet. Von diesem Teeniekram haben sie sich mittlerweile distanziert, und mit dem neuen Album haben sie zum ersten mal seit dem Debüt wieder was richtig brilliantes geschaffen.