laut.de-Kritik
Jeder Track wickelt ein, kümmert sich und will anschließend geträumt werden.
Review von David HutzelEs ist zwar kaum drei Jahre her, seitdem das letzte Album der Antlers, "Burst Apart", in die Läden kam. Doch in dieser Zeit hat die Band ihren Sound gründlich entkernt und besinnt sich streckenweise auf ihr Debüt zurück. Tragende Elemente, die den Sound des Trios aus New York noch im Jahr 2010 prägten, spielen inzwischen nur noch marginale Rollen.
Sänger Peter Silberman spinnt seine Texte zwar immer noch um menschliche Tiefen und innere Abgründe, wie er selbst sagt – doch auf "Familiars" verabschiedet er sich über weite Strecken von seinem klaren Falsett, um mit kratzender und stotternder Stimme Nina Simone (tatsächlich eines seiner größten Vorbilder) zu huldigen.
Multiinstrumentalist Darby Cicci nimmt von den Synthspielereien des letzten Albums Abstand und wendet sich stattdessen jazzigen Klavier- und Kontrabasssounds zu. Michael Lerner streicht geduldig die Jazzbesen über sein Drumset – nicht behäbig, aber mit Bedacht – und ordnet damit die mächtigen, verworrenen Songstrukturen. Die Trompete, eines der tragenden Instrumente auf "Familiars", hüllt das Album zudem in wohlig wärmende Soul-Klänge.
Mit dafür verantwortlich zeichnet Produzent Chris Coady, der eigentlich bei TV On The Radio oder Beach House an den Reglern sitzt. Nicht eben ein kleiner Umbruch, den die Antlers auf ihrem Drittwerk wagen. Und so fühlen sich Tracks wie "Hotel" oder "Director" an, als wären sie frisch aus dem Herzen einer Motown-Platte seziert.
Passend zur musikalischen Konsequenz der Herren aus Brooklyn der Text in ersterem Stück: "In the hotel / I can't remember how the past felt." Die Songs haben wieder dieses Gefühl des Schwebens in endlosen Weiten, das bislang jede The Antlers-Veröffentlichungen auszeichnete. Jeder einzelne Track auf "Familiars" wickelt ein, kümmert sich und will anschließend geträumt werden.
"Familiars" klingt nach Katharsis in der bedrückenden Weite der Gebirge einer neuen Welt. Und so finden auch Sympathisanten der ersten Stunde wirklich wenig auszusetzen am Jazz, in dem sich die Antlers neu erfunden haben.
2 Kommentare
Sehr schönes Album, find' ich auch. Habe mir bereits vorgenommen, deren vorherige Alben mal unter die Lupe zu nehmen - könnte ja interessant werden, wenn die tatsächlich so viel verändert haben.
ich erkenne da wenig veränderung zu den letzten beiden alben. mag irgendwie an der stimme des sängers liegen. natürlich trotzdem sehr hohes niveau. Hospice von denen ist natürlich eine pflichtveranstaltung. mein album des jahres 2009.