laut.de-Kritik
Aalglatte Mainstream-Arrangements auf hohem Niveau
Review von Volker SchnellNach "Forgiven Not Forgotten" (1995) und "Talk On Corners" (1997) starten die irischen Geschwister mit dem lang erwarteten dritten Studioalbum "In Blue" einen weiteren Angriff auf die Charts. Die vorab ausgekoppelte Single "Breathless" belegte im Vereinigten Königreich auf die Schnelle Platz 1, auf dem europäischen Festland kann mit ähnlichem Erfolg gerechnet werden.
Die erfrischende Melange aus eingängigen Popsongs und traditionell-irischen Folk-Elementen, deren Stimmung auf dem Unplugged-Album (1999) eindrucksvoll festgehalten wurde, wird auf dem neuesten Werk leider durch aalglatte Mainstream-Arrangements in den Hintergrund gedrängt. Ob dies an der Zusammenarbeit mit Mammut-Produzent und Shania Twain-Ehemann Mutt Lange liegt, der auch schon für Britney Spears etc. arbeitete und "aus Bryan Adams einen kanadischen Sasha" gemacht hat, oder ob der Blick auf den amerikanischen Markt diese Produktion beeinflusst hat, wer weiß.
Ganz allerdings ist der Flair der Corrs noch nicht verschwunden. Herausragend immer noch die Stimme von Andrea, die mehrstimmigen Backingvocals und natürlich Sharons Violine, die mit einem keltischen Break auf dem Dance-lastigen "Give Me A Reason" oder mit gefühlvollen Soli immer wieder die Roots der Corrs in Erinnerung ruft ("Somebody For Someone", "At Your Side", "All In One Day"). Solide Gitarrenarbeit liefert wie immer Jim Corr, der männliche Part der Corrs, der durch dezent eingestreute Licks und Bridges immer wieder die Spannung und den Groove der Songs im Hintergrund bestimmt ("Say", "Radio").
Nicht nur "Breathless" und "Radio", die schon jetzt im Dauer-Airplay dudeln, auch die anderen Songs haben durchweg Ohrwurm-Qualitäten und stehen auf hohem musikalischen Niveau. Ob schmachtende Ballade ("All The Love In The World"), Dancetrack ("Give Me A Reason", "All In A Day") oder 80er Popsong ("Irresistible"), über fehlende Abwechslung kann sich niemand beklagen. Doch sind die Songs teilweise so glatt und geradlinig designed, dass der typische Corrs-Charakter mit seiner ungetrübten, irischen Lebensfreunde, der die vorangegangenen Alben prägte, verloren geht. "In Blue" ist voll auf Radio getrimmt und - zu Gunsten des Verkaufserfolges in Europa und den Staaten - nicht sonderlich originell geraten.
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