laut.de-Kritik
Bezaubernd zeitlos, aber nicht anbiedernd retro.
Review von Mathias MöllerWoran misst man eigentlich die Qualität von Musik? Boyband- und Teeniestar-Verächter führen oft ins Feld, dass die Unfähigkeit, eigene Songs zu schreiben, ein Grund sei, ihnen jegliche Daseinsberechtigung abzusprechen. Was ist dann eigentlich mit Coverversionen? Gute sind selten, lediglich Me First And The Gimme Gimmes betreiben dieses "Genre" (einigermaßen) ernsthaft, meist handelt es sich um ebenso billige wie haarsträubende Techno-Coverversionen von Achtziger- und Neunzigerhits.
Und doch haben die Detroit Cobras es geschafft, sich so etwas wie einen Underground-Kultstatus zu erspielen, nur mit Coverversionen. Mit ihrem dritten Album mit Nachgesungenem aus Detroit und Umgebung, "Baby", erscheinen die Cobras endlich auch in Deutschland. Ihre Mischung aus Rock'n'Roll, Soul und Motown-Anleihen steht sicher nicht für die Neuerfindung des Rades, aber im Sog der White Stripes, Von Bondies und Black Keys geht hier einiges.
Zumal es ja auch wirklich Spaß macht. Die Coverversionen sind fast allesamt neu, lediglich der "Cha Cha Twist", eine Cha-Cha-Variante von "Let's Do The Twist", erschien schon auf dem Debüt "Mink Rat Or Rabbit". Ob es rockt wie "Slippin' Around" oder "Everybody's Going Wild", ob es brav zugeht mit "Baby Let Me Hold Your Hand" oder bluesig wenn "It's Raining", die Songs der Detroit Cobras klingen stets wie aus einem Guss, eigenständig, aber die Wurzeln respektierend, bezaubernd zeitlos, aber nicht anbiedernd retro.
So aus einem Guss wirken sie, dass der erste in der achtjährigen Bandgeschichte selbst geschriebene Song "Hot Dog (Watch Me Eat)", gar nicht heraussticht. Inspiration für solch eine Thematik? Das Internet, wo die beiden Frontladies Nagy und Restrepo auf eine Site hingewiesen wurden, die Hotdog-essende Menschen zeigt. Kein Wunder, dass dann Lyrics wie "I got the feeling something good is gonna start, and that's a hotdog" heraus kommen. Großartig auch die eingebauten Jodler in "Everybody's Going Wild".
Obwohl eindeutig der Spaß im Vordergrund steht, die fünf aus Motor City nehmen ihr Handwerk ernst. Was wiederum den Spaßfaktor für die Hörenden erhöht. Sowohl für die traditionsbewussten Tollen-Billys, als auch für solche, die mal sehen wollen, was Detroit außer den Whites noch so zu bieten hat. Die Detroit Cobras laden zu einer unterhaltsamen Zeitreise ein, die direkt in den Plattenladen zum Oldie-Regal führt. Dig!
Noch keine Kommentare