laut.de-Kritik
Wenn es uns beiden gut gefällt.
Review von Alex KlugJa, nein, doch. Hält man "Duo Duo" erst einmal in voller Vinyl-Größe in den Händen, ist es doch ein ganz schön schickes Cover. Erst mal quatschig, bevor sich dann mit jedem weiteren Blick eine weitere Schicht selbstironisch-wohliger Melancholie herausschält. Was für das dadaistische Blitzerfoto-Artwork gilt, gilt natürlich auch für die Musik der Düsseldorf Düsterboys – auch für das zweite Studioalbum "Duo Duo".
Die zwei seit der muckeligen "Im Winter"-EP vergangenen Jahre haben Peter Rubel und Pedro Goncalves Crescenti genutzt, um das deutschsprachige Indie-Œuvre mit "Ententraum" um ein üppiges Schwergewicht zu bereichern. Nach International Music ist nun aber wieder Zeit für den Winter, die Schwermut, die Zweisamkeit: Anders als das bandlastige "Nenn Mich Musik" steht "Duo Duo" voll im Zeichen des zärtlich-vertrauten musikalischen Miteinanders der beiden Jugendfreunde – die Essenz dessen, was schon früheren Werken beider Bands eine besondere Magie verlieh.
"Duo Duo" beginnt mit ungewohnt lieblich-narkotisierenden Gitarrenarpeggios, ist durchzogen von obskuren Instrumental- ("Danke, B.") bis befremdlichen Vokal-Interludien ("Schlaf Dich Aus") und endet schließlich mit großer (Semi-)A-cappella-Geste. Kurzum: Es gibt Fragen. Und zwar nicht gerade wenige. Wie gut, dass Pedro und Peter schon in "Ab Und Zu" die Antwort auf alle potenziellen Fragen geben, die den Künstlern in Form hochgezogener Augenbrauen zugetragen werden könnten: "Doch wenn es mir gefällt / Und dann auch dir gefällt / Wenn es uns beiden gut gefällt". Die Devise: Das reicht auch schon.
Dazwischen: der Zauber der Stimmen. Nein, Simon & Garfunkel-Vergleiche sind nichts, zu denen sich irgendein Musikredakteur in einer zeitgenössischen Folk-Rezension herablassen sollte, aber viel greifbarer lässt sich die unglaublich fragile Vertrautheit, die zur Einheit verschmolzene Polyphonie der Düsseldorf Düsterboys Non-Genre-Connaisseuren kaum beschreiben. Und gerade denen wäre "Duo Duo" ganz besonders ans Herz zu legen.
Nummern wie "Stars/Sternchen" und das stark autobiografische "2016" entschweben der folkloristischen Blumenwiese in gewohnt harmonisierender Weise Richtung Horizont. In den Weiten der Milchstraße lauern dann sowohl ätherische Momente der Selbsterkenntnis ("Korn Auf Korn", langjähriger Setlist-Dauerbrenner) aber auch intro- ("Lavendeltreppen") und extravertierte Psychedelic-Welten ("Adieu, Adieu", Smashhit von William Cornish aus dem 15. Jahrhundert).
Mit "Duo Duo" verhält es sich ein wenig wie mit den Esher-Demos der Beatles: Da hast du gerade dein ganz persönliches Sgt. Ententraums Lonely Hearts Club Band veröffentlicht – und dann gehts radikal zurück an die Akustikgitarre. Melodien und klassisches Songwritertum fließen sowieso in blutspendereifen Mengen durch die Adern, aber dann sind da eben noch diese Unmengen an Samba-, Bolero- und anderer "Welt"-Musik, die privat so oft im Player rotiert – das packen wir alles noch mit rein.
Am Ende steht mit "Duo Duo" ein Album, das in 40 Minuten so spacig wie nautisch zugleich daherkommt – und damit im Grunde meist doch einfach so down to earth ist, wie die beiden nur leicht zu stark aufs Gaspedal tretenden Herren auf dem Frontcover. "Wenn es uns beiden gut gefällt." – Wie könnte man es ihnen verübeln?
3 Kommentare
Die Progressiven bei uns im Dorf würden manche der Songs bei der Eucharistiefeier auf dem CD-Spieler abspielen. Die Platte ist zu großen Teilen unerträglich - kein Vergleich zur Winter EP.
Wenn sie tatsächlich Lieder spielen gefällt mir dir Platte sehr gut, aber die Improvisationen oder wie man das nennen will stören dann doch eher. Aber trotzdem ein guted Album unter dem Strich.
Unerwartet sperrig und vielleicht etwas zu experimentierfreudig, aber die zugänglichen Songs können wieder überzeugen. Vor allem toll arrangiert, gerade die Streicher auf "Lavendeltreppen".