laut.de-Kritik

Schrammeliger Indiepop mit Disco-Einschlag.

Review von

Verlangte das Album "Tarmac" aus dem Jahre 2004 dem Hörer wegen seiner anstrengenden Wendungen und Brüche, was dem Fluss des Albums nicht unbedingt zuträglich war, noch einiges ab, liegen die Dinge drei Jahre später anders.

Mit "Tinsel Stars" setzt die Experimental Pop Band auf mehr Kohärenz und Zugänglichkeit, weniger Experiment, mehr schrammeliger Indie-pop mit Disco-Einschlag. Diese Zugänglichkeit steht "Tinsel Stars" gut, weil das Songwriting und der Gesang Davey Woodwards genug Individualität und Vielseitigkeit ausstrahlt und auf zusätzliche, enervierende Experimente verzichtet werden kann. Vom Mainstrem ist "Tinsel Stars" dennoch weit entfernt.

Ein an die frühen 90er anknüpfender Retro-Sound prägt das Werk, als lose Referenzpunkte lassen sich frühe Pulp, die Harmonien der Go-Betweens und verspielter Britpop à la Blur anführen. Sanft eröffnet eine Akustikgitarre und ein verhaltener Klavierlauf den schwelgerischen Titeltrack, während Synthesizer-Klänge eine sphärische Atmosphäre schaffen und Woodward mit eindringlichem Gesang eine ruhige Melodie anstimmt.

Ein monotoner Schlagzeugbeat, Streicher und ein blechern tönender E-Gitarrenlauf prägen "Can You Explain This?", das mit einem eingängigen, langgezogenen Refrain aufwartet. Zuckersüß pluckert im großartigen "Hello" der Synthesizer, kontrastiert von der E-Gitarre und vollendet von einer schlichten Melodie. Feiner Indiepop ist das, der sich im mit Percussions rhythmisierten "Jodie" fortsetzt, das mit schräger Gitarre, Handclaps und einer fröhlichen Melodie gefällt, die ebenfalls von Pulp stammen könnte.

Das in etwas düsteren Farben gemalte "Wrapped Up 'And Warm" hält dieses Niveau spielerisch, wobei Woodward hier mit einem abgehackt vorgetragenen Refrain überrascht, der von erdigem Gitarrenspiel begleitet wird. "Say That You Want Me" versprüht mit seinem auf wenige Gitarrenakkorde beschränkten Arrangement für angenehmen Lo-Fi-Charme, wohingegen Woodward in "A Home For My Baby" zum Sprechgesang tendiert und die Rockgitarre auspackt.

Der Mann ist ein Garant für große, eingängige Melodien und umschifft dabei gewitzt mit ausgefallenen Inszenierungen - allen voran der pluckernde Synthesizer - und gesanglichen Variationen den kommerziellen Popsumpf. Mit der Westerngitarren-Begleitung klingt "Walk" lässig abgehangen, ein verschnörkeltes Keyboardspiel bahnt sich in "Subtided" seinen Weg, "Dislocation" stellt mit seinem lässigen Gitarrenlauf und verspielten Soundeffekten einen Höhepunkt der Platte dar.

In "Make Me Happy" sorgen verzerrte Gitarren für eine gewaltige Klangfläche, die der wunderbaren Melodie aber nicht den Weg versperrt. Das Werk schließt mit einer Nummer ab, die nicht auf dem Booklet verzeichnet ist: "All I wanna do is to be with you" ist alles, was Woodward hier zur Akustikgitarre singt.

Auf "Tinsel Stars" klingt die Experimental Pop Band poppiger denn je, wobei die melodischen Songs mit einer unpolierten, rumpeligen Indie-Instrumentierung garniert sind. In diesem Spannungsfeld bewegen sich die Mannen um Davey Woodward mit sympathischer Gelassenheit. Eine absolut liebenswerte Platte, die auch nach mehrmaligem Durchlauf noch Spaß macht.

Trackliste

  1. 1. Tinsel Stars
  2. 2. Can You Explain This?
  3. 3. Hello
  4. 4. Jodie
  5. 5. Wrapped Up And Warm
  6. 6. Say That You Want Me
  7. 7. A Home For My Baby
  8. 8. Walk
  9. 9. Subtitled
  10. 10. Cable Cars
  11. 11. Dislocation
  12. 12. Made For Me
  13. 13. Make Me Happy

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