laut.de-Kritik
Go! für die Aufstiegssequenzen.
Review von Franz MauererThe Go! Team hört sich nach Schülerband in einem High School Shōnen Ai-Manga an, aber Ian Partons zeitweise Band - meist Soloprojekt mit fester Liveband - war in ihrer Geschichte immer wieder für Überraschungen gut. Deshalb freuen wir uns auf "Get Up Sequences Part Two". Wie immer drehte sich das Bandkarussell flott: Simone Odaranile ist raus, an den Drums ersetzt sie Jaleesa Gemerts, an der Trompete stößt Deanna Wilhelm hinzu. Wichtiger ist: Sängerin Ninja ist am Start, und auch Gitarrist Sam Dook wurde noch nicht vergrault. Wie so oft ist auch eine illustre Gästeschar dabei, von der Beniner Star Feminine Band über Kokubo Chisato von Lucie Too (s/o, Yannik) bis zur schon auf Part One vertretenen IndigoYaj aus Detroit.
Nicht nur personell, auch im Sound ist bei den Briten bandtypisch viel los, das stellt der Opener "Look Away, Look Away" unverzüglich klar. Den prägt der oben erwähnte Beniner Mädchenchor, dem Parton kompetent ein westafrikanisch angehauchtes, druckvolles und hektisches Soundgerüst verpasst. "Divebomb" macht es anders, IndigoYaj rappt über ein flirrendes Instrumental, das sich im Refrain angenehm öffnet, dann aber etwas zu repetitiv ausfällt, bevor kurz vor Schluss die Blechtrommeln einen roten Faden finden. "Getting To Know (All The Ways We're Wrong For Each Other)" beginnt mit einem etwas matriarchal-dümmlichen Intro, der Sound ist aber catchy wie sonstwas. Querflöte und Trompete jagen sich gegenseitig nackig durch den Vorgarten, bevor Ninja mit Kinderstimme singsangt, dass es eine Freude ist. Eine Minute zu lang, aber trotzdem ein klasse Song.
"Divebomb" ist im Übrigen ein Statement pro Abtreibungsentscheidungsgewalt, auch sonst knarrt es politisch unter den Dielen – die Aussagen beschränken sich aber auf Forderungen, weiterverhandelt oder reflektiert wird nicht. Im Mix sind die Stimmen nicht besonders gut zu verstehen (aber durchaus zu hören), als traute Parton dem eigenen politischen Mut selbst nicht so recht. Jedenfalls hörte bislang wohl niemand The Go! Team wegen ihrer Texte, und mit "Get Up Sequences Part Two" wird niemand damit anfangen.
"Stay and Ask Me In a Different Way" ist ein fast schon klassischer Indie-Shoegazer, der sehr elegant und schmissig ausfällt. Parton beweist mal wieder, dass er Wall of Sound beherrscht, ohne den Hörer zu erdrücken, eine sehr feine Eigenschaft. "The Me Frequency" ist dann eine Art zentralafrikanisch infused Pop-Kinderlied, dessen fröhliche Melodie man einfach lieben muss. Ein Wermutstropfen bleibt, dass Parton wesentlich besser im Schreiben von Hooks als in der Konzeption ganzer Songs ist. So kann man das wirklich tolle "The Me Frequency" nur zwei, drei Mal hören, bevor es schon etwas ausgelutscht ist. Nicky Scott liefert auf "Whammy-O" gut ab, ihre aggressive Delivery bleibt aber ein Fremdkörper zum unvermittelt fröhlichen Sound, statt Kontrast eher Dissonanz.
Das funktioniert bei Ninja etwas besser, ihr seltsam belegtes Organ ist einfach ein hervorragender Widerspruch zum ständig explodierenden Sound der Band. Das zeigt nicht zuletzt ihre Performance auf "But We Keep On Trying" und auf dem herrlich schrägen "Sock It To Me". Geschlagen wird sie nur von Chisato, die auf "Going Nowhere" das Albumhighlight raushaut, was für ein Wahnsinnsbeat und genau die richtige Sängerin. Ein unterkühltes Pop-Juwel. Der Song allein rechtfertig es, das Album zu hören.
Stellenweise gerät "Get Up Sequences Part Two" zum Schluss hin nichtsdestotrotz anstrengend, "Gemini" hat kein Ende und kein Anfang, dafür mehr Zischgeräusche als ein Kobra-Gangbang. Gut, dass der charmante "Train Song" samt frühem The Notwist-Flair etwas Luft rausnimmt, bevor "Baby" kompetent verabschiedet. "Get Up Sequences Part Two" ist ein hartes Stück Arbeit, das sich lohnt.
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