laut.de-Kritik
Die kunstvolle Antwort, warum Alex Kapranos nicht schon '96 Rockstar war.
Review von Benjamin FuchsSelbst die größten Rockstars haben einmal klein angefangen. So auch Alex Kapranos von Franz Ferdinand. Das lehrt uns "Divorce At High Noon" seiner ehemaligen Band The Karelia. 1996 nahm das Quartett dieses Album auf und da Franz Ferdinand gerade aktuell sind, dürfte auch mit einer Wiederveröffentlichung dieser Aufnahme noch ein wenig Geld zu scheffeln sein. Wer hier aber an die Achtziger angelehnten Gitarrenrock erwartet, wird enttäuscht.
The Karelia klingen eher wie eine Barjazzband mit punkigen Einflüssen die sich, ausgestattet mit einer reichlich heiseren Jazztrompete, auch aus dem Bereich der Chansons bedient. Wer sich fragt, warum der gute Alex nicht schon Mitte der 90er zu einem Star wurde, erhält hier die kunstvolle Antwort.
"Love's A Cliché" beginnt entspannt mit Walking Bass und verträumter Trompete. Kapranos, der sich auf diesem Album noch Huntley nennt, singt mit smoother Barsängerstimme über das Phänomen der Liebe. Eine kleine Überraschung bietet der kurze Zwischenteil, bei dem tatsächlich für zehn Sekunden ein kleiner Franz samt Uptempobeat um die Ecke springt. "Life In A Barrat Garret" klingt nach einer dieser Dixie-Swing-Kapellen, die in Freizeitparks mit weißen Hemden unter roten Westen an jeder Ecke stehen. Zwischendurch gibt's einen kleinen musikalischen Ausflug in die Stierkampfarenen Spaniens. Einige hektische Rocknummern warten mit wilden Gitarrenlicks auf und wirken stärker auf den Blutdruck als ein dreifacher Espresso.
"Divorce At High Noon" ist anstrengendes, aufkratzendes Zeug, bei dem jeder einzelne Song etwas zu bieten hat. Das 60-minütige Konglomerat ist dann aber doch zuviel der Kunst. Als interessant erweist sich bei diesem Album vor allem der Überraschungseffekt: The Karelia verhalten sich zu Franz Ferdinand dabei aber ungefähr so wie Helge Schneiders Jazzkonzerte zu seinem Katzeklo-Humor.
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