laut.de-Kritik

Im Schatten des Schattens des Meisters.

Review von

Qualitativ hochwertig oder halbherzig kopiert? Eine Frage, die sich bei The Thorns stellt, aber nicht so einfach zu beantworten ist.

Fest steht, dass die Band aus drei Musikern besteht, die schon seit Jahren als Singer/Songwriter, Gastmusiker und Produzenten tätig sind, dabei in den USA auch den einen oder anderen Erfolg verzeichnen konnten. Obwohl die Zusammenarbeit eher zufällig und nicht von vornherein als kommerzielles Unternehmen begann, ist das, was Matthew Sweet, Shawn Mullins und Pete Droge unter dem Namen "Stachel" präsentieren, mehr als nur ein Seitenprojekt.

"Harmonien stehen bei uns im Mittelpunkt. Die Lieder haben wir um unsere dreiteiligen Harmonien maßgeschneidert", erklärt Droge auf der Homepage der Band. Wohin dies führen soll, zeigt der Opener "Runaway Feeling". Von Crosby, Stills und Nash ist im Booklet zwar nicht die Rede, der Ursprung ihrer Akustikgitarren und ihres Gesangs ist jedoch deutlich heraus zu hören.

Die Stimmung des Albums siedelt sich bei freudiger Melancholie an, wobei eine hochkarätige Studiobesetzung eher Schaden als Nutzen anrichtet: zu sauber die Übergänge, zu poppig die Arrangements. Zwar präsentieren sich die Multiinstrumentalisten mit einer beeindruckenden Anzahl an Saiten- und Tasteninstrumenten, unterstützt von namhaften Musikern wie Jim Keltner und Roy Bittan; das Ergebnis ist aber ein akustischer Einheitsbrei, in dem selbst nach mehrfachem Anhören alles ähnlich klingt. Geigen warten in "Blue" auf, Country-Folk ist der Träger von "Think It Over", E-Gitarren peppeln das titelgebende "Thorns" auf. "Blue Sky" ist eine einfühlsame Ballade, "Now I Know" eine vokale Mischung aus Bee Gees und Phil Collins. Von den australischen Gibb-Brüdern könnte auch "Long Sweet Summer Night stammen, während in "Dragonfly" der Einfluss von Crosby, Stills und Nash wieder besonders stark ist.

Klar, der Wiedererkennungseffekt ist da, die Bankkonten dürften sich auch gefreut haben, etwas mehr Originalität hätte aber keinesfalls geschadet. So hören sich The Thorns wie eine qualitativ hochwertige, aber eben doch nur halbherzige Kopie an. CSN stehen seit 1969 im Schatten Neil Youngs, The Thorns mit ihrem Debütalbum in dem CSNs. Im Schatten des Schattens des Meisters zu sein - ein Zustand, der sich auf Papier zwar verlockend anhören mag, für den Zuhörer aber kaum befriedigend ist .

Trackliste

  1. 1. Runaway Feeling
  2. 2. I Can't Remember
  3. 3. Blue
  4. 4. Think It Over
  5. 5. Thorns
  6. 6. No Blue Sky
  7. 7. Now I Know
  8. 8. Dragonfly
  9. 9. Long, Sweet Summer Night
  10. 10. I Told You
  11. 11. Such A Shame
  12. 12. I Set The World On Fire
  13. 13. Among The Living

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