laut.de-Kritik
Trotz Experimente: Unverkennbar The Used.
Review von Stefan MertlikAuf dem achten Studioalbum "Heartwork" provozieren The Used ihre Anhängerschaft. Die Opener "Paradise Lost, A Poem By John Milton" und "Blow Me" versprechen zwar Ware, wie sie die Impericon-Kundschaft liebt. Danach folgt aber eine Aneinanderreihung von Experimenten, die von aufregend bis seltsam reichen.
Während der geschmackssichere Ross Robinson (Dead Cross, Cancer Bats, Korn) den Vorgänger "The Canyon" produzierte, nahm diesmal wieder John Feldman die Zügel in die Hand. Seit er 2002 am Debütalbum von The Used arbeitete, hat er fleißig Produzenten-Credits gesammelt. Blink 182, Good Charlotte, Ashley Tisdale, Biffy Clyro, Avicii – der Fokus lag dabei auf den ganz großen Namen. Feldmans Ohr für die glattgebügelten Pop-Produktionen hat "Heartwork" geprägt.
Die 16 Stücke klingen nicht nach stickigem Proberaum, sondern nach High-Tech-Studio. Kompetente Gitarrenarbeit ordnet sich vielen weiteren Elementen unter, die aus dem Computer stammen. Das Ed-Sheeran-Feature wird noch kommen, wenn The Used eine Pool-Party-Hymne wie "Clean Cut Heads" allen Ernstes für zumutbar halten. Mit elektronischem Stampfbeat und Ibiza-Synthies unterscheidet sich die Post-Hardcore-Band aus Utah nicht vom x-beliebigen Pop-Projekt aus der Retorte. Die interessante Frage lautet: Fühlen The Used das wirklich oder versuchen sie, den Anschluss nicht zu verlieren?
"Wow, I Hate This Song" startet wie ein modernes Rap-Stück aus der Cloud, kriegt kurz vor dem Kehrvers aber noch die Kurve. Das Collagenartige, das sich durch die Platte zieht, ist den vielen Ideen geschuldet, die die Band unbedingt unterkriegen wollte. So besteht das Arrangement von "1984 (Infinite Jest)" aus mehreren Passagen, die sich gegenseitig abklatschen. Das wirkt erst aufregend, dämpft dann aber den Hörfluss.
Rein handwerklich schneidet "Heartwork" trotzdem ordentlich ab. In "The Lighthouse" blitzt das funky Gitarrenspiel von Joey Bradford durch. Wo Bret McCrackens Stimme früher nur zwischen dramatisch gesungen und gefährlich gegrowlt pendelte, bedient sie nun weitere Facetten. Wenn Dan Whitesides nicht gerade vom Drum Computer ersetzt wird, knüppelt er tight drauf los. Die Vision hinter "Heartwork" scheint keine Schnappsidee des Produzenten, sondern eine Team-Leistung gewesen zu sein.
"I just wanna feel something / Anything is better than this", heißt es im Abschlussstück. Es wäre unfair, diese Vorlage zu verwandeln. Denn trotz aller Massentauglichkeit, die The Used schon vor Pop- und Elektro-Ausflügen inne hatte, bleibt die Platte 46 Minuten lang packend. "Heartwork" stößt vor den Kopf, klingt ab und zu beliebig, bleibt aber unverkennbar The Used. Mit allen Schwächen und Stärken.
2 Kommentare
Blasphemie. So heißt schon ein Album von Carcass. Das so was erlaubt ist gehört verboten.
Ich finde ja, das in der Geschichte des traurigen Punk agent orange viel zu wenig Tribut gezollt wird. Living in darkness wäre schon einen Meilenstein wert