laut.de-Kritik
Poppiger als je zuvor.
Review von Uli BrechtoldNachdem sich The Used immer mehr von ihren herzzerreißenden Emo-Wurzeln lösten und weiter in Richtung Alternative Rock marschierten, stehen bei Frontmann Bert McCracken inhaltlich neue Themen an. Der 32-Jährige flüchtete mittlerweile nach Sydney und widmet sich in seiner Freizeit Philosophen wie Sokrates, Aristoteles, Hegel oder Kant.
In der Vergangenheit werkelte die Band immer wieder von neuem an ihren Songstrukturen, nachdem McCracken mit seinen Texten ankam. Diesmal drehten The Used den Spieß allerdings um und überließen ihrem Sänger zuerst das Zepter.
"Imaginary Enemy" erscheint über das bandeigene Label GAS Union, das alle Einnahmen an die Künstler weitergibt, ohne dass sich Labels oder Promoter ein Stück vom großen Kuchen schnappen. Diese Errungenschaft feiert die Band im Opener "Revolution" mit Rufen wie "This is the end, this is the end, calling for revolution. Yeah!" Damit bringen sie die Musikindustrie ein Stück weit ins Wanken.
"Unsere Ideologie besteht darin: Wenn du keine Musik produzierst, keine Musik machst oder wenn du nicht tourst, dann steht es dir nicht zu, mit Musik Geld zu verdienen", so der Sänger. Demnach soll es keine Knebelverträge und kein Auffangbecken für faule Bands mehr geben.
So sehr das neue Businessmodell nach neuen Maßstäben schreit, so frisch klingen die zwölf Titel. In der Vorabsingle "Cry" schimmern Synthiesounds durch den eingängigen Refrain und die fetten Gitarrenriffs. Dabei verfallen The Used kurz in alte Muster und singen über verflossene Liebe, bevor ein Break und Geschrei der Wehleidigkeit den Garaus machen.
Mit "A Song To Stifle Imperial Progression (A Work In Progress)" liefern The Used sicherlich den heftigsten Song ihrer Karriere ab. Dennoch schafft der Titel mit einer eingängigen Hook den Weg in die Indie-Disco und lädt zum Singen und Durchdrehen ein. Eine Weiterentwicklung tritt in "Generation Throwaway" zutage und artikuliert sich in himmlischem Chorgesang, der wie ein Kinderlied sanft und fromm im Gedächtnis hängen bleibt.
Musikalisch orientieren sich die Amis, wie auf ihrem Vorgänger "Vulnerable", gelegentlich an elektronischen Beats und vermehrt an poppigen Synthie-Elementen. Die verleihen eingängigen Balladen wie "Evolution" Nachdruck und lassen in "Imaginary Enemy" keinen Fuß auf dem Boden stehen.
Dabei tragen die Stimmbänder von McCracken den Großteil der Nummern, weshalb "Kenna Song" oder "Forced Without Violence" mit reduziertem Instrumenteneinsatz übermäßig ruhige und einfühlsame Akzente setzen.
So klingen The Used noch immer eingängig und mithilfe von elektronischen Spielereien weitaus poppiger als in der Vergangenheit. Die großen Philosophen nehmen aber keine bedeutende Rolle auf "Imaginary Enemy" ein.
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