laut.de-Kritik
Gitarrensalven auf die englische Rock-Landschaft.
Review von David HutzelJungfräulich ist an den Virginmarys nichts: Drei gestandene Typen fabrizieren handgemachten, alternativen Rock. Gute Vorbilder haben die Männer aus dem nordenglischen Macclesfield auch, schließlich stammen sie aus der Geburtsstadt Ian Curtis'. Die Tage des Genies liegen allerdings schon einige Zeit zurück. Höchste Zeit also, dass Macclesfield Town wieder von sich Reden macht. Die Lautstärke dafür besitzt das Debüt "King Of Conflict" jedenfalls.
Zunächst schielen die jungen Engländer aber in eine südlichere Grafschaft, zu den Cooking Vinyl-Labelkollegen The Subways. Stimmlich sind Subways Sänger Billy Lunn und Virginmarys-Vokalist Ally Dickaty nicht so weit von einander entfernt. Jedoch lässt sich der Letztere deutlich mehr Spielraum, was Schrei- und Gitarrenkunst angeht.
In beinahe jedem Song auf dem Virginmarys-Debüt gibt es den Moment, ab dem Mr. Dickaty dann die Finger doch nicht mehr still halten kann und ausbricht. Mal sind die Soli halt doch eher abgegriffen ("My Little Girl", "Taking The Blame"), manchmal entlohnen erfrischend psychedelische Momente dann aber für das Warten - wie in "Portrait Of Red".
Upbeat beginnt der Opener "Dead Man's Shoes". Von vorne herein legen die Briten alle Karten auf den Tisch: Die meisten Songs sind einfach strukturiert, mit einem halbwegs griffigen Riff versehen, über das die Singstimme kräftig eine Bier-Fontäne rotzt. "Come on and do me some harm", keift Dickaty beispielsweise im Southern-Rock-Track "Portrait Of Red".
Darin liegt gleichzeitig die Enttäuschung der Platte: Die Virginmarys tun paradoxer Weise viel zu selten weh, gehen fast nie aufs Ganze. Trotz des reichlich vorhandenen Abfuck-Potenzials.
Ab dem Mittelteil flacht das Album ein wenig ab. Nämlich dann, wenn die vergleichsweise ruhigeren Songs anstehen, die den Hörer nicht sofort mit ihrem überragenden Tempo überwältigen ("Just A Ride", "Bang Bang Bang"). Bis zum Ende des Langspielers halten sich die Jungs zurück, dort ziehen sie schließlich "Ends Don't Mend" aus dem Ärmel.
Die frech-kratzende Stimme verkündet zunächst nichts Außergewöhnliches, weil zum zwanzigsten Mal Gitarrist Dickaty sein bestes Stück zum Solo auffordert. Dieses eine Mal pflügt er den Song mit seinen unzähligen Breaks und Spielereien dann aber zur Led Zeppelin-Hommage um.
Mit ihrem Debüt "King Of Conflict" liefern The Virginmarys ein wildes Potpourri aus allem, was die Insel in den vergangenen Dekaden an Rock hergegeben hat. Viele hoffnungsvolle Ansätze enden die meiste Zeit leider nur im Rock-Klischee, was über weite Strecken auch das hohe Tempo und der vorgetragene Elan nicht spannender gestalten.
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