laut.de-Kritik
Die Donnervögel rocken wie ein manisch-depressiver Riesenemu auf Speed.
Review von Dominik KrausDer Thunderbird, Donnervogel, ist bei diversen indianischen Kulturen noch immer mystischer Vorbote von Donner, Blitz und Sturm, zumeist erscheinend nach der Einnahme einer gewissen Portion des Peyotekaktus. Für den hinreichend gebildeten Biologen ist er ein seit ca. 31.000 Jahren ausgestorbener Riesenemu, der sich vorwiegend in den australischen Outbacks rumtrieb. Und für den durchschnittlichen Amerikaner ist er das ebenfalls beinahe schon mythische Cabrio von Ford, mit dem dereinst die göttliche Monroe durch die Gegend fuhr und durch ihr Auftauchen einen Auffahrunfall nach dem anderen verursachte.
Warum also nicht seine Band Thunderbirds Are Now! nennen, die Klampfen in die Hand nehmen und dann abgehen wie ein amerikanisches Riesenemu auf Meskalin? Sounds Like A Plan. Und dass der perfekt aufgeht, zeigen uns die Donnervögel aus Detroit Motorcity auf ihrem zweiten Longplayer "Justamustache" von der ersten Sekunde an: Kurze Ansage der bezaubernden Cheerleaders Angela und Shannon, und schon sind wir mittendrin im Opener "Better Safe Than Safari", der gleich mal zeigt, wo es die nächsten 34:05 Minuten lang geht. Nach vorn nämlich.
Angeführt von den manischen Unisexvocals von Gitarrist und Frontmann Ryan Allen (manchmal klingt er tatsächlich wie eine wildgewordene Sängerin), legen die Thunderbirds Are Now! auch im weiteren Verlauf ein ziemlich hohes Tempo vor. Gitarren funken, Bässe rollen, Drums, Snares, Cymbals wirbeln und zwirbeln. Elektronische Artefakte huschen, frickeln und zwickeln. Punkrock trifft Speed trifft Dancefloor trifft Funk. Und im Gegensatz zu ihren früheren Veröffentlichungen wie z.B. ihrem LP-Erstling "Doctor Lawyer Indian" ist das auch alles noch mal deutlich straighter, weniger verbreakt und verbrochen. Und so löst auf "Justamustache" ein Energieschub den vorherigen ab.
"Eat This City", "198090", "Harpoons Of Love", "Enough About Me, Let's Talk About Me" - während der ersten Hälfte des Albums kommt man wirklich kaum zum Durchatmen, der Puls des Hörers wird automatisch schneller und schneller, das manische Moment der Donnervögel schlägt voll ein, die Füße steppen im wilden Takt der Donnervögel. In dieser Form sind sie in jedem Fall weitaus mehr als nur eine weitere dieser "neuen" Rockbands, die punkig-new wavigen Rocksound mit Electronica ergänzen und so auch den Dancefloor bedienen. Genannt sei diesem Zusammenhang mal die britische Geheimwaffe Chikinki, die auf Kitsune tätigen VHS Or Beta, oder auch die notorischen Rapture.
Nein, Thunderbirds Are Now! haben zwar eine formal ähnliche Startrampe, von der sie ihre Rockrakete steigen lassen, doch offensichtlich haben sie den genannten gegenüber noch mal einen anderen Treibstoff getankt, irgendwas hochexplosives, das locker 20% mehr Tempo und Funk in die Triebwerke beamt. Als einzige Ausnahme vom Fullspeedprogramm ist dem Hörer beim formidablen "Bodies Adjust" (das allerdings auch schon auf der Donnervögel-EP "Necks" zu hören war) eine kurze Zeit der zurückgelehnten Schwerelosigkeit gegönnt. Aber auch nur in der Strophe, und schon kommt Mr. Psychofunk und schrammelt dir die Saiten um die Ohren.
Als würdigen Abschluss des Parforceritts auf dem Schnauzer lassen uns die Cheergirls noch in charmanter Art wissen, was sie von der Darbietung hielten: A-W-E-S-O-M-E, Awesome, Totally. Bin ganz eurer Meinung, Girls. Großes Psychogroovekino. Angeblich sind die Thunderbirds ja auch live die volle Breitseite; wenn sie die Energie, die sie da auf "Justamustache" aus großen Kanonen verschießen, auch auf die Bühne kriegen, dann, ja dann ... möchte ich die Band möglichst bald mal in deutschen Clubs erleben. Leider ist eben erst der noch auf "Justamustache" aktive Drummer Michael Durgan ausgestiegen. Bleibt also zu hoffen, dass schnell Ersatz gefunden wird. Und dann: Donnervogel, bitte kommen.
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