laut.de-Kritik
Melancholischer Postrock löst wütenden Postcore ab.
Review von Andreas DittmannNur sieben Tage haben Thursday gebraucht, um "No Devolución" zu schreiben. Nicht viel Zeit für zwölf Tracks und fast eine Stunde Spielzeit. Dass die Platte trotzdem recht gut geworden ist, überrascht sogar die Band selber. Sänger Geoff Rickley behauptet sogar, es sei das beste Thursday-Album bisher. So weit so vorhersehbar. Weniger vorhersehbar ist der Stil der Platte. Mit "No Devolución" verabschiedet sich die Band vom HardCore und Punkrock. Man ist ja auch älter geworden.
Eigentlich muss man mit Anfang 30 noch nicht auf die Bremse treten, aber gut. Thursday haben sich als 19-jährige Emo-Kids mit einer ordentlichen Portion Wut und Frustration im Bauch gegründet. Mehr als zehn Jahre später hört man vor allem die Frustration und Melancholie. Der ungestüme und experimentierfreudige PostCore ist einem Sound-orientiertem Post- und Indierock gewichen.
Experimente sind aber immer noch sehr erwünscht. Vor wabernden Synthie-Mauern baut die effektschwangere Rhythmussektion ein dichtes Soundkonstrukt. Die Solo-Gitarre frickelt sich durch die Streben. Über allem singt sanft und ruhig Geoff Rickley. Fast abwesend hallt seine Stimme durch die Shoegaze-artigen Klangräume seiner Band. Immer wieder werden diese aber mit brachialer Gewalt niedergerissen. In solchen Momenten kommt die alte Wut wieder raus, darf sich kurz austoben, wird aber schnell wieder eingesperrt, um traurigen und hymnenhaften Melodien Platz zu schaffen.
"No Answers" oder "Empty Glass" gehören zu den überraschendsten Songs. Bei letzterem begleiten nur ein Keyboard und wenige Gitarrenklängen Rickleys zarten Gesang. "A Darker Forest" geht in eine ähnliche Richtung. Streicher untermalen die düstere Atmosphäre. Allein das Schlagzeug treibt von hinten dezent an, sorgt für ein wenig Drive und holt die Band (wie in vielen Songs) aus dem Sound-Nebel heraus.
"I lost my wedding ring down in the kitchen sink. Now it’s glimmering somewhere far away. And I’m sitting here in an empty glas, waiting for the day to swallow me." Thursdays Texte bleiben deprimiert, düster und poetisch. Die tragende Musik unterstützt diese Stimmung hervorragend.
Zum Glück beschränken sich Thursday nicht auf die Softness. "Fast To The End", "Open Quotes" oder "Turnpike Divides" rocken immer noch derbe. Komplizierte Gitarren-Riffs brechen dann über dem Hörer ein. Die Songs erinnern an die alten Thrice, nur dass sie ihren Sound gerne übersteuern lassen, vor allem wenn Goeff brüllt. Leider bleiben solch treibenden Songs in der Minderheit. Mehr Aggressivität hätte dem Album gut getan.
Insgesamt gerät "No Devolucón" deshalb zu langatmig. Zwei, drei Songs weniger, und die Platte wäre deutlich knackiger und packender. So zieht sie sich gegen Ende etwas hin und verliert an Spannung. Vielleicht waren die sieben Tage doch ein wenig zu kurz.
1 Kommentar
ich kann mich nur noch wage an die härteren thursday alben erinnern, habe sie aber auch 'damals' noch nie ganz, geschweige denn überhaupt gehört. ^^
"no devolución" hat mich jedoch beim ersten durchlauf ziemlich umgehauen. speziell die synth-lastigen teile und der oft sphärische klang sind fantastisch. mal sehen wie es mit dem langzeitwert aussieht...