laut.de-Kritik
Die Psychobilly-Veteranen auf neuen (Ab-)wegen.
Review von Sara KäferFür die Fans ist Tiger Army nicht nur eine Band, sondern gleich eine ganze Lebensphilosophie. Die Verehrung geht so weit, dass sich Hartgesottene sogar das Logo – eine Art Fledermaus mit Tigerkopf – auf den Körper tätowieren lassen. Die Band präsentiert die Bilder davon stolz auf ihrer Homepage.
Doch ob eingefleischte Fans diese Tattoos nicht bereuen werden nach diesem Album, ist die Frage. "Music From Regions Beyond" ist zwar hervorragend gemacht und bereitet bei jedem Hören Freude. Doch es ist eben keine typische Tiger Army-Platte - an den neuen Sound muss sich der eine oder andere sicherlich gewöhnen.
Schon mit dem Intro machen Tiger Army klar, worum es ihnen geht: "Tiger Army never dies!" Wenn man die Bandgeschichte bedenkt, ist das fast schon ein bisschen makaber. Denn Drummer Fred Hell wurde bei einem Einbruch viermal in den Kopf geschossen, so dass er selbst nach monatelanger Therapie nicht mehr in der Lage war, bei der Tigerarmee weiter zu spielen.
Doch zurück zur Platte: die Psychobilly-Fraktion sollte sich darauf einstellen, dass Tiger Army sich ein wenig aus diesem Genre heraus bewegt haben. Gleich das zweite Lied ist die erste Singleauskopplung. Hier klingt es noch nach Tiger Army und "Afterworld" hat eindeutig Hitpotential, ist überraschend flott und hat trotzdem eine melancholisch-tragische Sichtweise auf die Welt. Wie man das eben gewöhnt ist. Generell knallen die ersten drei Lieder sofort mit ordentlichem Tempo rein und werden von Jeff Roffredos Kontrabass bestimmt.
Erst mit dem vierten Lied "Forever Fades Away" kehrt etwas Ruhe ein. Dieser Song könnte glatt im Radio gespielt werden, so poppig, wie er klingt. Hier erkennt man die Vorliebe von Nick 13 für Morrissey. Und ab hier verliert sich auch die typische Handschrift. Ganz drastisch wird es bei "As The Cold Rain Falls". Die Synthesizer erinnern an New Wave der 80er.
Mit "Hechizo De Amor" hat das Trio sogar einen spanischsprachigen Titel mit an Bord. Das ziehen sie im kompletten Song durch: nicht nur, dass Nick 13 singt wie ein mexikanischer Jüngling, der seine Geliebte anhimmelt, sondern er zupft auch noch an einer spanischen Gitarre, so dass man beinahe die Kastagnetten auspacken will.
Es ist wirklich toll zu sehen, wie die Jungs neue Genre ausprobieren. Aber es wirkt fehl am Platz und Tiger Army teilweise etwas hilflos dabei. Jeder einzelne Song dieser Platte besteht alleine sehr gut. Sie sind alle sauber komponiert und produziert, und ganz sicherlich haben einige davon auch das Ding zum Ohrwurm. Doch insgesamt kommen die Lieder nicht so zusammen, wie sie sollten. Und irgendwie fehlt einfach diese Energie und die spezielle Sicht der Tiger Armys auf die Welt.
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