laut.de-Kritik
Vielseitiger und melodischer Pop des Ex-Crowded House-Mannes.
Review von Martin LeuteWer erinnert sich nicht an die wunderbaren Crowded House-Ohrwürmer "Weather with You", It's Only Natural" oder "Four Seasons In A Day" aus der Feder von Tim Finn? Perfekte Popsongs, für die mancher seine Seele verkaufen würde. Aber das ist fünfzehn Jahre her.
Ob mit Split Enz, Crowded House, den Finn Brothers oder jeder für sich alleine - die Neuseeländer Tim und Neil Finn haben die Popgeschichte der letzten drei Jahrzehnte zu einem ordentlichen Teil mitgestaltet.
Wie sein Bruder Neil wandelt auch Tim seit Jahren auf Solo-Pfaden, wenn auch mit überschaubarem kommerziellen Erfolg. Er meldet sich nun mit seinem mittlerweile siebten Studioalbum "Imaginary Kingdom" zurück. Fünf Jahre sind seit seiner letzten Veröffentlichung "Feeding The Gods" vergangen.
Der inzwischen 54-jährige Tim will es noch einmal wissen und wandert entspannt durch das Genre Pop. Neben klassischen Pop-Nummern ("Midnight Coma", "Show Youself") finden sich die Reggae-Pop-Nummer "Couldn't Be Done", Klavierballaden ("Astounding Moon", "Winter Light"), ein sanfter Rocker ("So Precious") und esoterisch und sakral anmutende Songs wie "Unsinkable". Alles dabei.
Musikalisch wie textlich meint er es gut mit dem Hörer. Zeigt, wie ihr wirklich seid, fordert er, öffnet eure Herzen und gebt die Suche nach dem einen Menschen, der euch liebt, nicht auf. Tim Finn als Tröster und Medium, das Zuversicht verkündet. Alles wird gut. "Show yourself/that you're all that you thought you could be/why don't you show yourself to me". Solche wohlwollenden Ratschläge durchziehen das komplette Werk.
Irrtümlicherweise gehe ich oft davon aus, dass ein Songwriter seiner Qualitäten nach 30 Jahren im Popgeschäft mit einem reduzierten, akustischem Alterswerk glänzen müsse. Die Arrangements und die Produktion hätten gerne etwas weniger pompös gestaltet werden können, um den Songs selbst mehr Raum zu geben. Aber "Imaginary Kingom" sollte ein aufwändig produziertes Pop-Album sein, das musikalisch an die 90er Jahre anschließt, nicht mehr und nicht weniger.
Erfreulich ist, dass Tim Finn seine stimmliche Prägnanz und sein untrügliches Gespür für eingängige Melodien bewahrt hat, denn genau das weiß der geneigte Hörer zu schätzen. Hier und da fühlt man sich noch an Crowded House erinnert, und das ist gut, weil Tim Finn seinen eigenen Weg eingeschlagen hat, ohne seine heroische Vergangenheit zu leugnen. Alle zwölf Stücke auf "Imaginary Kingom" sind ordentliche, gefällige Pop-Songs, die den älter gewordenen Fan mit Sicherheit nicht enttäuschen.