laut.de-Kritik

Der Abgesang auf hoffnungsfrohe Zeiten.

Review von

Nostalgie und Reduktion zeichnen dieses Bandprojekt aus, dem der Kanadier Taylor Kirk als Mastermind vorsteht. Blues, Country und Folk synthetisiert er zu einer behäbig schunkelnden Melange Noir, die er selbst trefflich als "Gothic Rockabilly Blues" bezeichnet.

Die Machart, aus der Einfachheit ein Höchstmaß an Intensität zu evozieren, ähnelt dem Vorgehen eines Bon Iver. Atmosphärisch und gesanglich positioniert sich Kirk in der Nähe seines Landmanns Patrick Watson und dessen Artfolk, wobei jener eine ausgeprägtere LoFi- und Retro-Attitüde an den Tag legt, ohne diese auszureizen. Die Kauzigkeit eines Devendra Banhart klingt dabei ebenso an wie die trunkene Schrägheit eines Tom Waits und der Death Country der Dead Man's Bones.

Zwischen Mystik und Wirklichkeit, zwischen gespenstisch verlassener Kirmes und längst ergrautem Wanderzirkus klingt "Timber Timbre" wie der Versuch eines musikalischen Gegenentwurfs zur Moderne, der sich in Erinnerung an vermeintlich bessere Zeiten aber nur noch mit entschleunigtem Beat zu artikulieren vermag.

"I get low low low low low low on my own" ("I Get Low") singt Kirk bezeichnenderweise, während sich das Karussell nur noch träge zu kreisen imstande ist. Ein durchaus lustvoller Abgesang auf das hoffnungsfrohe Leben. Die Verlassenheit und vermeintliche Morbidität werden dabei kontrastiert von der Zärtlichkeit und Klarheit des wunderbaren Gesangsvortrags, immer wieder aufbegehrenden Melodien und der harmonischen Instrumentierung. Schließlich dreht sich das Ding ja noch und lädt zum Aufspringen ein. Von Behäbigkeit kann durchaus die Rede sein, von Niedergeschlagenheit mitnichten.

Behutsame E-Gitarren-Läufe und eine altmodisch tönende Orgel prägen das Soundgewand, angereichert mit Streicher- und Pianoeinlagen, weichen Percussions und entrückten Backgroundgesängen.

Die dramaturgische Spannung hält Kirk bei aller Gelassenheit und Zurückhaltung jederzeit hoch, ob mit dem Folkpicking ("Demon Host"), dem fiependen Walzerrhythmus ("Lay Down In The Tall Grass"), der sanften Psychedelik in "Magic Arrow" oder dem großartigen "Until The Night Is Over", das den Animals-Klassiker "There Is A House In New Orleans" zitiert. Und "No Bold Villain…" mutet an wie die staubige Urversion der Fleetwood Mac-Nummer "Albatross". Und über allem schwebt der Blues, der auch Screamin' Jay Hawkins' "I Put A Spell On You" auszeichnet.

Dieses nostalgische Ambiente verleiht den Geschichten dieses Songwriters, die von Geistern, menschlichen Abgründen und schmerzhaften Erfahrungen erzählen, den perfekten Rahmen. Mit diesen toll instrumentierten, behäbig fließenden Nachtstücken hat Timer Timbre aka Taylor Kirk eine schlichte wie einnehmende Artfolk-Landschaft entworfen, der der Gothic-Aspekt nichts von ihrer berührenden Wärme nimmt.

Trackliste

  1. 1. Demon Host
  2. 2. Lay Down In The Tall Grass
  3. 3. Until The Night Is Over
  4. 4. Magic Arrow
  5. 5. We'll Find Out
  6. 6. I Get Low
  7. 7. Trouble Comes Knocking
  8. 8. No Bold Villain

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