laut.de-Kritik
Schwermut und Leichtigkeit bilden hier ein Tandem.
Review von Philipp KauseSchlafzimmer-Tauglichkeit lässt sich Toras zweitem Album "Can't Buy The Mood" sofort attestieren. Dieser schlaftrunkene R'n'B wie im Titelsong oder in "Control (ft. Anna Boi)" strahlt die Gemütlichkeit von Kerzenlicht und einem guten Buch aus oder von kuschliger Zweisamkeit. Mitten im Hochsommer platzt ein eher herbstliches Album aus der Ferne hervor. Als Alltagsbegleiter eignet es sich dank seiner fluffigen Eingängigkeit sicher. Nur versperren leider die etwas lahmen ersten drei Songs den Weg auf die im Tracklisting nachfolgenden Klangperlen.
Anders als der Horrorfilmtitel "Beetle Juice" schreibt sich der Song "Beatle Juice" mit 'a' – dabei klingt er so weit entfernt von den Beatles wie Prince von Elvis. Die elegant flowenden Elektronik-Loops erinnern an die Musik des WARP-Labels, was Tora in Europa die Bühnen öffnen könnte.
Die Gruppe arbeitet ihre Elektronik-Wurzeln im Verlaufe des Albums immer deutlicher heraus, ob beim tanzbaren "Icebucket" oder im melancholischen Chill-Out-Fragment "Entropy". Ähnlichkeiten mit Metronomy vernimmt man in der Klangaufbereitung: Das darf nach Band tönen, doch die Synthie-Programmierung bringt die nötige Würze, Überraschungen, zusätzliche Hörreize, Harmonie störende Momente und mitunter auch bassige Tiefe. Ebenfalls wie bei Metronomy bilden Schwermut und Leichtfüßigkeit ein interessantes Tandem.
Worüber Lead-Sänger Jo in sehr hoher Falsett-Lage singt, spielt kaum eine Rolle: Alltäglich sind die Motive wie das Springen in den coolen Pool, aber extrem stark ziehen seine Tonhöhen und sein klarer Gesang die Aufmerksamkeit in Bann. So folgt man seinen Worten und wundert sich plötzlich über das Ende des Lieds. Was, schon vorbei?!
Unterstützung am Mikro gewähren ihm mit raunenden, angenehmen Stimmen sein Gitarrist Jai und Tastenexperte Tobias. Eine wirkliche Wohltat gönnt sich auch, wer Anna Bois Gastbeitrag "Control" lauscht. Dieser völlig unbekannten Newcomerin mit Lolita-Appeal dürfte die Pop-Welt in ein paar Jahren zu Füßen liegen, wenn sie weiteres veröffentlichen sollte. "Taking the cigarettes of my lips", flötet sie unschuldig mit dem Ausdruck einer Jane Birkin. Richtig stark!
Als Anspieltipp eignet sich das verträumte und Offbeat-geprägte Stück "Other Designs". Allerdings überzeugen die fließende Souveränität und ausgeprägte Stilsicherheit der ganzen Platte. "Can't Buy The Mood" ist hochwertig produziert und einstweilen durch Import-Verzögerung nur digital verfügbar. Da die Band aber schon einige Konzerte in Deutschland gab, wird sich diese Versorgungslücke wohl schnell stopfen lassen.
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