laut.de-Kritik
Eklektisches Solo-Debüt mit zahlreichen Gästen.
Review von Mathias MöllerTortuga Bar, ein wohlklingender Name, tönt irgendwie nach Südsee, Tiki und kühlen Drinks. Eine entsprechend zurückgelehnte Herangehensweise an das alte Genre Indierock wagt Mark Kowarsch hier erstmals solo. Allerdings auf flotten Sohlen!
Kowarsch ist dem Indie-Insider natürlich kein Unbekannter. Der alte ostwestfälische Hase war bereits Mitglied bei den Speed Nigs (Ende der Achtziger, Anfang der Neunziger), bei Sharon Stoned (Anfang bis Mitte der Neunziger) und Elektrosushi (Ende der Neunziger bis heute).
Dem "Indie-Schluffi", diese "Leerstelle der Jugendkulturen" (Martin Büsser), der bei der Erwähnung obiger Namen genüsslich mit der Zunge schnalzt, mundet sicher auch Tortuga Bar. "Narcotic Junkfood Revolution" ist ein ebenso abgeklärtes wie eklektisches Solo-Debüt. Wobei Kowarsch zu keinem Zeitpunkt alleine dasteht: Einen ganzen Reigen namhafter Gäste vereint er zum gemeinsamen Musizieren.
Nino von Virginia Jetzt!, Nagel von Muff Potter, Kate Mosh, Wrongkong, Jari von den schweizerischen Navel, Sedlmeir und Rummelsnuff (in einem Song!), Bernadette La Hengst, Phillip Boa, Peter Brugger von den Sportis und Gisbert zu Knyphausen im Duett mit Evan Dando steuern alle zum guten Gelingen von "Narcotic Junkfood Revolution" bei.
Und so ausführlich wie die Gästeliste, so eklektisch dann eben auch der Sound. Die volle Bandbreite bekommt der Hörer über angederbten Indierock mit Nagel, ernsten Indiepop bzw. Ballade mit Nino, spaßig angehauchten NDW-Pop mit Boa, eine hochgradig gelungenen Ballade mit Althase Dando und Tausendsassa von Knyphausen, sublimen Indielectro (!) mit Kate Mosh, happy Indie-Hüpfpop mit Bernadette ("I like it when you're masturbating"), hektischem Gerumpel mit Rummelsnuff und Sedlmeir.
Auch wenn es sich bei den Stücken auf vorliegendem Album offensichtlich um älteres Material handelt, hat sich Kowarsch für die Umsetzung zielsicher die richtigen Compañeros ausgesucht. Jeder Song entwickelt seinen Charme, wenn man sich auf ihn einlässt.
Selten klingt es nach deutscher Indieszene, selten nach der Angestaubtheit der Neunziger Jahre. Mit Tortuga Bar gelingt wieder einmal ein interessantes Konzept, das Kowarsch auch schon bei seinen früheren Bands verfolgt hat: Die Band als Freundeskollektiv.
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