laut.de-Kritik
Emotionales Heimspiel vor geschichtsträchtiger Kulisse.
Review von Daniel StraubZum Abschluss der europäischen Elevation-Tour am 1. September 2001 feierten sich U2 an einen ganz besonderen Ort: Slane Castle, im gleichermaßen idyllischen wie geschichtsträchtigen Boyne Valley in ihrer irischen Heimat gelegen, bildete die eindrucksvolle Kulisse für einen unvergessenen Auftritt von 80 000 enthusiastisch feiernden Fans. Die vom ersten Takt an spannungsvoll knisternde Atmosphäre zwischen Band und Publikum machte den Auftritt von Bono & Co zu einem Homecoming der ganz besonderen Art, das verdientermaßen seinen Weg auf DVD gefunden hat.
Für Bono, The Edge, Adam Clayton und Larry Mullen Jr. waren die Auftritte am 25. August und am 1. September in Slane Castle die einzigen Gastspiele in ihrer Heimat. Die Tatsache alleine rechtfertig es schon, den Auftritten einen herausragenden Stellenwert in der Bandgeschichte beizumessen. An jenem ersten Septemberwochenende kamen jedoch noch eine Reihe geschichtlicher, sportlicher und persönlicher Ereignissen zusammen, die Band und Publikum auf eine einzigartig emotionale Art und Weise aufeinandertreffen ließen.
Zwanzig Jahre zuvor standen vier jungen Burschen schon einmal in Slane Castle auf der Bühne. Damals noch im Vorprogramm der legendären Thin Lizzy. Drei Jahre später gastierten sie erneut im Boyne Valley, wo urzeitliche Keltengräber und mittelalterliche Schlachtfelder sich zu einer beispiellosen historischen Landkarte verflechten, und spielten unter der anleitenden Hand Brian Enos ihre Platte "The Unforgettable Fire" ein. Ihre Hitsingle von damals, "Pride (In The Name Of Love)" strotzt auch zwei Dekaden später noch vor Frische und gehört wie "One" oder "With Or Without You" zu Highlights, mit denen U2 das letzte Drittel ihrer Slane Castle-Show bestreiten.
Emotionaler gestaltet sich die erste Hälfte des Konzertes mit dem einfühlsamen "Kite", als Hommage an Bonos kurz vor dem Auftritt verstorbenen Vater. Nicht alltägliche Trauerarbeit auf einer Konzertbühne, die jedoch nichts Aufgesetztes an sich hat und mit ihrer ehrlichen Art 80.000 Mensch zu Mittrauernden macht. Ohne diese mit Händen greifbare, intensive gefühlsmäßige Bindung zwischen Band und Publikum wäre eine Geste wie die folgende undenkbar: Bono wickelt sich während einem Song in eine irische Flagge. Was normalerweise als Geste nationalistischer Gesinnung interpretiert werden würde, bekommt am 1. September eine ganz andere Note: Bono widmet den Song Jason McAteer, der einige Stunden zuvor die irische Fußballnationalmannschaft mit seinem Tor nach Südkorea geschossen hatte.
Die bisherige Review würde "Go Home" mühelos für eine vier bis fünf Punkte Wertung qualifizieren. Dass es nur drei geworden sind liegt nicht an den DVD-Specials, wie der "The Unforgettable Fire"-Documentary oder dem aus dem Konzertausgekoppelten Bonustrack "Mysterious Ways". Vielmehr muss den Technikern ein dickes Minus angekreidet werden, da Bild und Ton nicht synchronisiert sind, was bei einigen Großaufnahmen von Bono und bei Larry Mullen Jr.s Drumeinlagen immer wieder schmerzlich ins Auge sticht.
1 Kommentar
Für mich die beste Live DVD von den Jungs. "Nichts aufgesetztes" trifft es ganz gut -das gilt nicht zuletzt für den oft kaum erträglichen Laienprediger, den sie da Sänger nennen... Sozusagen zuhause, unter "ihren" Leuten, unter dem Eindruck des Todes von Bonos Vater sind die vier weitgehend sie selbst, einfach Musiker, die mit dem Publikum die Welle reiten, schön.
Das Mexiko-Konzert hab ich wg. Bono entsorgt, das hier bleibt!