laut.de-Kritik
Denke quer, dann bist du wer.
Review von Simon Conrads"Ob du von hier bist oder aus 'nem ander'n Land / Ob du Christ bist, Moslem oder Hinduist", heißt es in "Alles Was Zählt". Und dann in der Hook: "Egal, Hauptsache nicht normal / So wie jeder / Kann jeder / So wie du / Nur du allein". Letztlich ist das einfach common sense, bei einer Band wie Unantastbar aber auch einfach immer wieder notwendige Haltungsäußerung. Sich von jeglichem Extremismus abzugrenzen ist die eine Sache, mit solchen Texten problematische Fans aber direkt zu vergraulen, eine andere. Dafür gibt es zumindest mal ein Quäntchen Respekt. Wir brauchen aber natürlich nicht so tun, als wären Unantastbar nun die Fackelträger der Wokeness, es gibt auch genug Texte, in denen die Band sich durch Schwammigkeit auch der Vereinnahmung durch Rechtsgesinnte öffnet.
Aber allein das Zugeständnis, dass man auch als Moslem oder Hinduist cool sein kann, solange man einfach nur man selbst ist, wirkt im Vergleich zu den anderen Stücken erstaunlich mutig. Spannend ist in diesem Zusammenhang auch der Song "Ich Glaube An Mich", in dem Sänger Joachim Bergmeister zwar Fehler aus der Vergangenheit zugibt, aber nicht konkreter wird. Damit verpasst er die Möglichkeit, sich noch mal explizit von seiner Zeit als Schlagzeuger der Rechtsrock-Band Kaiserjäger zu distanzieren.
Die Band lässt sich allerdings auch bestens kritisieren, ohne dass sie man sie in rechte Kreise sortiert. Denn musikalisch gibts nur abgeschmackte Wiederholungen der gleichen Formel: Davon preschende Drums drängeln uninspiriertes Powerchord-Geschrammel und Riff-Geschrubbe, irgendwo grummelt ein Bass und wenn man nicht mehr weiter weiß, verfällt man halt in ätzendes Ooh-Ooh-Gegröle. Weil die Truppe aber anscheinend gar nicht genug von sich bekommen kann, gibt es das Ganze in 17-facher Ausführung. Wobei: "Bitte Geh Nicht" kokettiert nicht nur textlich, sondern auch musikalisch mit Schlagerklängen und fällt nach der Hälfte komplett auseinander, weil das Stück plötzlich Pop-Rock mit kratzigem Punk-Gesang kombiniert.
Bleiben dennoch 16 geradlinige Deutschpunk-Titel, die sich dann vor allem thematisch unterscheiden. Entweder gibt es unpräzise gefühlsduselige Glücksfindungs-Tipps, etwa in "Flucht Nach Vorne" oder "Flügel". Alles ist dabei darauf ausgelegt, dass man das ganze mit einem Humpen in der Hand schön laut mitschreien kann, weshalb die Texte wohl an die von Alkohol teilweise angegriffene Artikulationsfähigkeit ihrer Konzertgäste angepasst sind. Dann gibt es Lyrics, die die Erfüllung in der Liebe propagieren oder in "An Tagen Wie Diesen"-Manier einfach mal wieder den Moment zelebrieren wollen, beispielsweise in "Für Immer Wir Zwei", "Tausend Gedanken, Tausend Bilder" oder "Meine Seele Für Dein Herz". Natürlich immer mit den nächstliegenden Reimen und den ausgelutschtesten Sprachbildern arbeitend. Hier surren die Gitarren besonders pathetisch.
Und schließlich gibt es da noch diese Lieder, die gegen das System rebellieren wollen, ohne genau zu erklären, was das System charakterisiert. Im Opener "Wir Sind Die Stimme" heißt es: "Alle folgen und keiner sagt / Was viele denken und niemand wagt / Sich dagegen zu stellen / Einfach aufzustehen / Mit dem Finger zu zeigen / Fick' das System". Im Refrain geht das Phrasendreschen dann weiter: "Viel lieber drei Tauben auf dem Dach und ein Leben / Als irgendwo eingesperrt zu sein / Lieber frei / Wir sind die Stimme". Wirkt wie eine Anbiederung an alle selbsternannten Querdenker, kommt gerade jetzt zu einer schlechten Zeit und klingt dröge.
Zusammengefasst braucht es das Wissen um die Zugehörigkeit zum Frei.Wild-Label Rookies & Kings und die sich dann doch wieder problematischen Hörern öffnenden Texte gar nicht, um von Unantastbar Abstand zu halten. Die unkreative Musik dahinter reicht auch schon.
8 Kommentare mit 15 Antworten
Passend kommt der Schriftzug mit entsprechender -Farbe daher.
Wenn Du Frei.wild auf wish bestellst.
hab grad den Kaffe durch die Nase gelacht !
Ungehört verdiente 1/5.
Man kann ja von Unantastbar halten, was man will aber man sollte das zumindest schon mit einer gewissen Fairness machen. Technisch gesehen ist jedes Lied aus dem deutschen Musikbereich ein "Phrasendreschen" egal ob das jetzt Atemlos durch die Nacht, Da müsste Musik sein oder Still. Ich lese eigentlich echt gerne eure Bewertungen aber lasst doch mal jemanden die Rezenssionen schreiben, der sich mit der Musik wohl fühlt.
Björn Höcke wollte hier nicht ehrenamtlich arbeiten, sorry.
*Bernd
Vernichtende Kritik ist auch gute Werbung
Unantastbar klingen nach Unantastbar und das ist Sinn der Sache. Punk ist nunmal 3 Akkorde und einfach drauf los. Keine große Technik, kein innovatives Gitarrengeklimper.
Wenn man ein Album oder eine Band nicht mag, sollte man das Schreiben der Kritik wem anders in der Redaktion überlassen.
Und wenn eine Rezension nicht die eigene Meinung widerspiegelt, kann man das auch einfach mal akzeptieren und den Rezensenten zufrieden lassen, richtig?
Hättest du außerdem die Kritik richtig gelesen, wüsstest du, dass er nicht an der Stilistik Anstoß genommen hat, sondern an ihrer uninspirierten Umsetzung.
Lesen & Verstehen!
Sehr geehrter Herr BamBam,
Bitte beachten Sie, dass immer wenn ein Rezensent eine Band mag und die zugehörige Rezension verfassen würde, wir ausschließlich 5-Sterne Bewertungen hätten.
Dies erscheint uns als ein zu großes Risiko im Hinblick auf den Unterhaltungswert dieser Seite, mal abgesehen davon, dass es Bands gibt, wie zb. Coldplay, die einfach keiner mag. Die Auswahl wäre demnach zusätzlich beschränkt.
Ich hoffe, Sie können unsere Vorgehensweise nachvollziehen, Herr BamBam - auch wenn sie etwas ungewöhnlich ist.
Viele Grüße
VE
un man stelle sich mal vor, verschwoeri würde eine phil collins platte rezensieren, dagegen ist das hier fanpost.
Mensch Benny - Punk geht nur so:
https://youtu.be/430Y1G50sxw
Sehr starke Musik! Spricht einem irgendwie voll aus der Seele
Juhu, wir haben ein neues Gummihuhn zum Spielen!