laut.de-Kritik
Kommt einem Justin Timberlake gefährlich nahe.
Review von Stefan JohannesbergWelch ein Kontrast! Während im Intro entspannte Keyboardklänge zwitschern, und Akustikgitarren Lagerfeuerromantik verbreiten, bläst Atlantas Schreihals Lil Jon auf dem folgenden "Yeah" sofort und unverfroren die Synthie-Trompete. Auch R'n'B-Prinz Usher kann sich also auf seinem fünften Studioalbum "Confessions" nicht dem angesagten King Of Crunk entziehen. Zusammen mit Dirty South-Rapper Ludacris brennt das Trio Infernale kongenial jede Tanzfläche in Schutt und Asche. "Make your Booty go, aaahhhh!"
Von der "Yeah"-Single abgesehen geht jedoch nur noch das gitarrenlastige "Bad Girl" so aggressiv Richtung Dancefloor. Die meiste Zeit bouncen Ushers Beziehungsdramen und Ladyhymnen eher slow, schweißtreibend und smooth. Eine tiefe Bassdrum, minimalistisch eingesetzte Instrumente und Handclapp-Snares lassen Usher viel Platz, um mit seinen Gesangeskünsten zu brillieren. Gerade in den stimmlichen Höhen kann er seinen Vorbildern Michael Jackson und Prince Parolie bieten.
Usher kommt mit seiner Leistung auf "Confessions" einem Justin Timberlake, dem inoffiziellen Jacko-Nachfolger, gefährlich nahe. Wie Justin arbeitete sich auch Usher vom Teenie-Star zum ernstzunehmenden Künstler hoch und kann ebenfalls wie ein junger Gott das Tanzbein schwingen. Im Gegensatz zu Justin setzt Usher aber nicht auf The Neptunes oder Timbaland als Produzenten, sondern auf So So Def-Labelboss Jermaine Dupri.
Dupris Beats sind zwar top produziert, gehen aber im Gros zu sehr auf Nummer sicher. Etwas mehr Risiko hätte Usher sicherlich verkraftet, wie "Caught Up", "Simple Things" und besonders "Throwback" zeigen. Bei "Caught Up" entfesseln Andre Harris und Vidal Davis einen verschachtelten Old School-Groove, "Simple Things" erinnert dank Dance-Pop-Anleihen stark an die frühen Neunziger, und Just Blazes "Throwback" gerät mit viel Soul-Glasur über hartem Kopfnicker-Backwerk zur Hip Hop-Referenz. Mehr solche Ideen hätten das Werk zum echten Klassiker empor gehoben. So bleibt es 'nur' bei einem sehr guten Album.
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