laut.de-Kritik
Musikalische Doktorspielchen stimulieren zum Austausch von Körperflüssigkeiten.
Review von Daniel StraubDie Vögel tun es! Schöner Titel, aber was machen sie denn, die Vögel? Vielleicht hilft ja ein Blick auf das Cover weiter. Zwei Jugendliche halten sich eng umschlungen in den Armen, was wohl nur das Vorspiel ist. Ahhhaaa, jetzt ist der Groschen gefallen. Aber braucht die Menschheit nach "Vampyros Lesbos" und Konsorten wirklich noch eine weitere anregende Platte zum Austausch von Körperflüssigkeiten? In diesem Fall lautet die Antwort eindeutig ja. Denn "Birds Do It" ist eine musikalische Geschichtsstunde der besonderen Art, die zu einer Reise in die Zeit einlädt, als Oswald Kolle den verklemmten Deutschen beibrachte, was heute jedes Kind im Schulalter bereits weiß.
Zwanzig Perlen aus deutschen Sexualaufklärungsfilmen der 60er und 70er Jahre mit so unwiderstehlichen Titeln wie, "Hausfrauen-Report International" oder "Liebe in 3 Dimensionen", haben die Macher des Kölner Labels Diggler Records auf ihrem inzwischen vierten Release versammelt. Und wie schon auf den empfehlenswerten Vorgängeralben "Mark Of The Devil", "St. Pauli Affairs" und "Peter Thomas Scores" werfen sie den Blick auf ein gerne belächeltes Kapitel deutscher Nachkriegsgeschichte und haben den Kuriositätenbonus voll auf ihrer Seite.
Doch zurück zum Wesentlichen, sprich zur Frage: Zu welcher Musik haben Mami und Papi nun am liebsten den Vögeln nachgeeifert? Dabei wird eines sehr schnell klar: mochte es auch unter der Bettdecke wild hergehen, auf dem Plattenteller regierte chilliger Loungesound oder Lottozahlenmusik, wie Kollege Schuh meint. So dürfen "Following You" von Jack Arel & Pierre Dutour und "Swinging Singers" mit ihren unüberhörbaren Referenzen an die Beat-Generation wohl als die härtesten Kaliber gelten, die den geschlechtlichen Zweikampf im Bett stimulierten. Aber keine Sorge in der Folge sorgen fulminante Big-Band-Bläsereinsätze wie in "Petra", leichte Flötensoli à la "Dokumentaristen" oder zuckersüß-triefende Streicher wie in "Look At Me" für ein absolut relaxtes 70ies Feeling. Dunkelbeige Flokkati-Teppiche und knallorangene Eierschalensessel wachsen dazu ganz automatisch aus dem Fußboden: die Doktorspielchen unter der Leitung von Oswalt Kolle & Co. können beginnen.
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