laut.de-Kritik
Vom einstigen Flair ist nicht allzu viel übrig geblieben.
Review von Alexander CordasDas im Jahr 1980 erbaute Café Del Mar ist nicht nur vor Ort ein Anziehungspunkt geworden. Zwar ist vom einstigen Flair nicht mehr allzu viel übrig geblieben, da sich heute so viele am Chillen beteiligen, dass Platzkarten am Strand von Nöten wären, und so etwas wie Atmosphäre nur noch dann greifbar ist, wenn alte Recken von längst vergangenen Tagen parlieren. Auch die Sampler-Reihe hat sich mittlerweile tot genudelt.
Die Trademark ist zwar zum kommerziellen Kassenschlager avanciert, was sich jedoch - wie so oft - negativ auf die Qualität der Platten auswirkt. Mittlerweile muss man die Neue aus der Reihe Café Del Mar nicht mehr besitzen. Sampler, die deepe Tracks jenseits des Club-Gebollers anbieten, überschwemmen den Markt und machen die ruhigen Klänge immer uninteressanter.
Doch vor dem großen Abgesang auf das Käffchen erscheint dieser Tage die Best Of auf zwei CDs, die all das zusammenfassen soll, was Café Del Mar ausmacht oder besser ausmachen soll. Die ersten drei Tracks des Silberlings Nummer eins kicken wir mal getrost in die Tonne. Spanische und französische Hibbeleien und liedtechnische Pleiten braucht kein Mensch. Aber Mensch braucht Mari Boine.
Wenn es den Zuhörenden bei diesem Bass nicht sofort in die mit Watte ausstaffierte Transzendenz treibt, was dann? Nicht sehr aufwändig instrumentiert, wabern Vocal-Versatzstücke auf einer treibenden Bassline, durch die nur dezent Keyboard-Flächen durchbrechen.
Daraufhin lässt es sich Del Mar-Initiator und Chefmixer vom Dienst Padilla nicht nehmen, sich selbst ins Spiel zu bringen. Aber wie oft gehen Experimente mit Spielertrainern in die Hose - so auch hier. Aus der Schlafmützigkeit befreit uns endlich Lamb mit "Angelica" und feinen, melancholischen Piano-Träumereien, wohl drapiert in ein sanftes, nicht zu festgezurrtes Beat-Korsett.
Im Gegensatz dazu ist der Def Inc-Mix von Coldplays "God Put A Smile On Your Face"auch komplett für'n Arsch. Die Formkurve steigt dann wieder mit den Ballistic Brothers und beendet die erste Scheibe versöhnlich, groovy und hübsch mit der New Funky Generation.
Und jetzt die zweite CD. Och nö. Näää. Nach 61 Minuten bei Teil eins dehnt sich der zweite Teil auf 79 aus, und irgendwann lässt die Aufmerksamkeit nach. Dingeldongt das Penguin Café Orchestra noch verspielt und charmant über ein gefundenes Harmonium, ist die Grenze der Erträglichkeit bald erreicht.
Zum hundertsten Mal "Trans Fatty Acid", sowie Moby, Bush und U2 müssen nun wirklich nicht mehr sein. Das Abdriften in Altbekanntes und Beliebiges aus dem Bereich Downbeat nervt auf die Dauer. Zwar springen ab und an echte Perlen ins Ohr, aber auf Doppel-CD ist das Konzept zu schwachbrüstig und Anno 2003 mehr als ausgereizt.
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