laut.de-Kritik
Der Familienstammbaum des legendären Indie Labels.
Review von Jasmin LützDa hätten wir die königliche Sippschaft also mal beieinander. Fast alle zumindest. Die britische Musikerelite des Underground Labels Creation Records auf zwei CDs gepresst. Die muss man einfach haben. Sozusagen das Abschiedsgeschenk von Alan McGee, Gründer dieser Kultstätte. Nun trennt er sich leider von seinem ollen Kind, dass er 1984 mit 1000 Pfund Startkapital in die Welt gesetzt hat. Aber das zweite Baby ist schon fast geboren. Poptones wird es heißen. Und selbst Queen Elizabeth II. hat diesmal ihre Finger mit im Spiel. 50.000 britische Pfund hat die alte Dame angeblich für das neue Projekt hinterlegt. Also gehören ihr rein rechtlich 2,27 Prozent des neuen Plattenlabels. Genug der Zahlen. Man darf gespannt sein, was dabei heraus kommt und welche Musiker Alan diesmal an Land zieht.
Für diesen Sampler wählte Alan seine persönlichen Lieblingssongs aus. Das Ganze nennt sich "International Guardians of Rock'n'Roll, 1983-1999". Die Staraufgebots-Liste des größten Indie-Labels der Welt mutierte in den Jahren vielmehr zu einem Katalog und ich hätte da größte Schwierigkeiten, meine Favoriten auszuwählen. Aber ich muss sagen, Alan hat sich wirklich Mühe gegeben mit der Qual der Wahl. Obwohl ich "My Bloody Valentine" im Angebot vermisse. Dafür hat er wahrscheinlich seine Gründe. Natürlich kann man es nicht jedem Hörer recht machen. Aber sonst zeigt die Mischung den Geist von Creation auf. Vom Ursprung in den frühen 80ern bis zur gnadenlosen Vollendung der späten 90er Jahre.
Den Anfang auf der ersten CD machen natürlich DIE Independant-Stars der 80er. "The Jesus And The Mary Chain" waren schließlich die erste Band auf Creation-Records. Da haben sie den Opener auch verdient und mit "Upside Down" hat Alan seine Wahl auf den Punkt genau getroffen. Auf CD 2 werden wir dann noch mit "Cracking Up" beglückt!
Kurze Zeit später wurde mit den Herren um Bobby Gillespie Primal Scream der nächste Knaller gesignt. Ein neuer britischer Undergroundstil, Mischung aus 60's Rock- und Dancemusik, wurde geboren. Neben den Happy Mondays und The Charlatans sorgten sie mit Textzeilen wie "We Wanna Be Free, To Do What We Wanna Do And We Wanne Get Loaded And We Wanna Have A Good Time" in England für eine neue Hysterie-Welle.
Aber nicht nur auf der Insel. Ich kann mich an die gute Zeit noch genau erinnern. "Loaded", die Remix-Version von "I'm Losing More Than I'll Ever Have" war damals der absolute Tanz-Hit in meinem damaligem Indie-Club. Adidas regierte die Welt. Eine neue Sneaker-Rave-Generation breitete sich aus. Auf dem Sampler finden wir dann auch noch "Rocks" des Albums "Screamadelica", der den Jungs zum absoluten Durchbruch verhalf. Und der rockt, im wahrsten Sinne des Wortes, das Haus!
Etwas besinnlicher wird es dann mit den Bad Boys aus Manchester. Die "Wunderwand" der Gallagher Brüder darf natürlich auf dem Familienalbum nicht fehlen. Da muss ich gleich wieder singen: "There are many things that I would like to say to youuu but I don't know hoooow..." Ja, ja, 1995 waren Oasis noch die netten Jungs von nebenan. Doch nach dem Riesenhit ging es nur noch Berg ab. Trotzdem: wahre Worte, schöner Song. Und noch ein kleiner praktischer Tipp. Der Song eignet sich wunderbar, um lästige Ohrwürmer, wie "Mambo No4" von Lou Bega oder "Oops... I did it again" von F***** Spears los zu werden. Einfach oben genannte Zeile summen und man ist den grottenschlechten Song los. Toll, oder?
Also, es lohnt sich, den Doppelpack im Schrank zu haben. Satte 30 Songs, die ich leider hier nicht alle intensiver besprechen kann. Einige stilvolle Namen sind aber noch zu erwähnen: Teenage Fanclub, Suger, Ride, Super Furry Animals und die göttlichen Schotten The Pastels. Sollen sie nun als Heilungsmittel wirken oder einfach an eine gute alte Creation Records Zeit erinnern - Alan, wir danken dir!
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