laut.de-Kritik
Für die nächste Mottoparty reichts.
Review von Christian KollaschHolt die Zauberwürfel raus und stöpselt den alten Commodore-64 wieder an: Der Soundtrack zur RTL-Serie "Deutschland 83" öffnet ein Tor zu einer Zeit, in der das Thermometer des kalten Krieges auf gefährlich warme Temperaturen kletterte. Die Welt fürchtet eine Eskalation zwischen den beiden Atommächten USA und Sowjetunion - eine Stimmung, die sich auch in der west- und ostdeutschen Musikszene widerspiegelt.
"Deutschland 83" erzählt die Geschichte des jungen NVA-Soldaten Martin Rauch, den die DDR gegen seinen Willen als Spion in Westdeutschland einsetzt. Mit einer falschen Identität als Bundeswehrsoldat soll er sich das Vertrauen des Generals Wolfgang Edel erschleichen, um an geheime NATO-Dokumente über die in der BRD stationierten Pershing-II-Raketen zu kommen.
Die deutsche Serienproduktion, die auch international Erfolge feiert, bietet neben der Spionagegeschichte eine interessante Momentaufnahme der damaligen Popkultur. Die Neue Deutsche Welle erlebte Anfang der Achtziger ihren Höhepunkt, und so dürfen die üblichen Verdächtigen dieser Ära nicht auf dem Soundtrack fehlen. Ob Nenas "99 Luftballons", Peter Schillings "Major Tom (Völlig Losgelöst)" oder Joachim Witts "Goldener Reiter": Wer sich auch nur etwas mit Musik beschäftigt, dürfte diese NDW-Gassenhauer bereits in irgendeiner Form besitzen.
Die Zusammenstellung zeigt sich also nicht besonders originell, macht damit aber auch nichts falsch. Major Tom mag auch zum hundertsten Mal völlig losgelöst von der Erde abheben, als Riesenhit dieser Zeit hat er sich einen Stammplatz mehr als verdient. Der Soundtrack bietet abseits der üblichen NDW-Größen aber noch eine Vielzahl an internationalen Songs, was den Soundtrack erst richtig interessant macht.
Die Musik zur Serie bedient sich neben der Neuen Deutschen Welle auch an anderen Musikströmungen, die Anfang der Achtziger auf keinem Mixtape fehlen durften. Der Einstieg mit New Orders "Blue Monday '88" (das Original erschien 1983) ist eine perfekte Wahl und unterstreicht die Bedeutung von New Wave in der Zeit der Schulterpolster.
So finden sich auch "Mad World" (Tears for Fears) und "Hungry Like The Wolf" (Duran Duran) in der Auswahl wieder. Alles keine großen Überraschungen, die Stimmung dieser Zeit übertragen die Songs nach wie vor fabelhaft. Dafür sorgt auch das ein oder andere politisch orientierte Stück. Udo Lindenbergs "Sonderzug Nach Pankow" brachte dem Panik-Chef damals Stress mit Erich Honecker ein. Für ein Stück Ostalgie sorgen City mit "Am Fenster" und die Puhdys mit "Sehnsucht".
"Deutschland 83 (Die Musik aus der TV-Serie)" bietet ein buntes Stelldichein vieler damals angesagter Künstler, das wegweisende Musikrichtungen berücksichtigt. Dabei graben die Produzenten zwar nicht allzu tief in der Achtziger-Fundgrube herum, für die nächste Mottoparty reicht es aber allemal.
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