laut.de-Kritik
Eine gute Plattensammlung macht noch lange keinen guten DJ.
Review von Daniel StraubFlattern mir in der Redaktion Sampler zeitgenössischer französischer Elektromucke auf den Schreibtisch, so bedarf es bei Leibe keiner hellseherischen Kompetenz, um die Schublade House aufzumachen und den neuen Silberling dort erst einmal sicher zu verwahren. In Analogie zur deutschen Seele, die sich eher in kühl-technoiden Beats wiederfindet, findet die französische Befindlichkeit vor allem in weichen Houseklängen ihren Ausdruck. Bei "Morning Beats Paris" erweist sich diese Kategorisierung auch noch nach dem ersten Anhören als zutreffend. Anlass zur Revision ist nicht gegeben bei den zwölf von Jean-Marie K. ausgewählten Tracks.
Wie bei allen Exportartikeln gibt es auch in der Musik viel Durchschnitt und wenig Substanzhaltiges. Damit sind wir auch schon gleich beim Problem von "Morning Beats Paris" angelangt. Die Substanz wurde vergessen, statt dessen gibt es um so mehr Durchschnitt oder Langeweile, will man das Argument mal ein bisschen zuspitzen. Nicht, dass die Tracks, die Jean-Marie K. hier zusammen getragen hat, schlecht wären. Durchweg chillig in ihrem Charakter besitzen alle Stücke genügend Dancefloor-Appeal, um ein lockeres Morning Beats Set hinzulegen. Und auch "Behind The Stars", das um dasselbe Sample komponiert wurde wie der Clubhit "Moonraker" der Foremost Poets oder Frankie Bones' "Unidentified", geizt mit Reizen nicht.
Aber eine gutgefüllte Plattenkiste macht noch keine CD. Schon gar nicht, wenn der Selector Jean-Marie K. sich darauf beschränkt, einzig den Anfang und das Ende jeder Platte zu mixen und das auch nur dann, wenn sich flächige Sounds mühelos ineinander spielen lassen. Auf Beat mixen? Nie gehört, offensichtlich. Wie sonst ist es zu erklären, dass zum Mixen einladende Steilvorlagen in den Stücken ungenutzt bleiben. Nach über zehn Jahren DJ-Kultur grenzt so viel Einfallslosigkeit an ein Verbrechen. Das Urteil: Hände weg von den Plattenspielern!
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