laut.de-Kritik

Der Techno fühlt sich im Untergrund sehr wohl.

Review von

Der große Techno-Hype ist schon lange vorbei. In den Charts geistern noch immer diverse Billig-Produktionen à la Blank and Jones herum. Doch der Untergrund lebt nach wie vor. Das französische Label Kobayashi hat in Technokreisen längst einen guten Namen. Neben Laurent Garniers F Com-Schmiede ist Kobayashi ein wichtiges Standbein der französischen Clubszene. Welch hohen Stellenwert die Franzosen besitzen, zeigt das Lineup des Samplers: Jay Danham vom amerikanischen Black Nation-Label, Johannes Heil (Kanzleramt), die Neapolitaner Marco Carola und Gaetano Parisio (Zenith), David Caretta, der Franzose aus dem Gigolo Lager oder der Belgier Stanny Frenssen aka G-Froce.

Der besondere Reiz der Kompilation ist, dass alle Tracks ineinander gemixt sind. Master der Wheels of Steel ist DJ Tonio, der seine Aufgabe meisterhaft löst. Er lässt die Tracks nicht einfach ineinander übergehen, wie auf vielen anderen Techno-Samplern, sondern nutzt auch Kills und Crossfader, um die Musik vielfältiger zu machen und den Spannungsbogen zu intensivieren. Seinen Sound kann man sicherlich als "Advanced Electronic Music" bezeichnen. Das heißt aber nicht, dass Tonio irgendwelche wilden Töne auflegt. Das Gegenteil ist der Fall: Perfekt gesetzte Offbeat-Hi Hats, Breaks, Backspins, Killeffects und todgefilterte Vocalcuts. Vollgas ist angesagt. Wer sich zu diesem gnadenlosen Sound nicht bewegen darf, wird irgendwann verrückt.

Ein Brecher ist definitiv Johannes Heil mit dem treibenden "Who I'm I". Das Stück erinnert ein wenig an seine alten U-Turn-Produktionen ("Der Tod"). Ziemlich düster rollt die Basswelle den Gehörgang entlang und lässt vom Trommelfell nur noch Fetzen übrig. Stanny Frenssen ist mit "Crazy Fox" in seinem Element. Kalte Bassline, zischende Hi Hats und Millionen Breaks lassen die Spannung ins Unermessliche steigen. Frenssen lässt die Bassdrum zum Teil rückwärts ablaufen und erzielt damit coole Effekte. Al Ferox meistert das harte Los, nach dem Heil-Track noch eins draufsetzen zu müssen, mit "Doomplanet" ganz gut. Er platziert die Vocal-Loops gekonnt in die Flächen und groovt mit einer fies wabbernden Soundlandschaft bis zum Ende der Welt.

Tonio, der dem Hörer nie eine Pause gönnt, hat auf alle Fälle einen wenig massentauglichen Sampler zusammen gemixt. Ein solcher war auch gar nicht beabsichtigt. Denn Techno fühlt sich im Untergrund mehr als wohl.

Trackliste

  1. 1. Alessandro F - Effect Hypnotique
  2. 2. G-Force - Minus 19
  3. 3. David Carretta - Dildo
  4. 4. Vitalic - Everything Is Ok
  5. 5. Anthony Lynn - Annihilation
  6. 6. G-Force - Crazy Fox
  7. 7. Oscar Mulero - Different View
  8. 8. Jay Danham - Techno Wizard
  9. 9. Gaetano Parisio - Sirio
  10. 10. Anthony Lynn - The Fresh Maker
  11. 11. Alessandro F vs. Al Ferox - Planet Kobayashi
  12. 12. Marco Baily vs. Redhead - Cybernite
  13. 13. Oscar Muelo - A Problem Child
  14. 14. Marco Carola - Hypnotisamus
  15. 15. Johannes Heil - Who I´m I
  16. 16. Al Ferox - Doomplanet
  17. 17. Laurent Hó - Cramtéte Test
  18. 18. Al Ferox - The Shaved Woman From Outerspace
  19. 19. Alessandro F - The Dream Of The Headless Man

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