laut.de-Kritik
Schlüpfriger Ausflug unter Schwabinger Bettdecken.
Review von Daniel StraubDer Münchner Stadtteil Schwabing steht seit geraumer Zeit bei der gut verdienenden Schickeria der bayerischen Landeshauptstadt hoch im Kurs. Hier ist alles trendy und in oder zumindest exklusiv, was sich dann am Preis ablesen lässt. Doch der Münchner Stadtteil hat auch schon andere Tage gesehen. Damals in den 60er Jahren entwickelte sich Schwabing zu einem Biotop für Beatniks und andere Randgestalten der Gesellschaft.
Die brachten frischen Wind in die althergebrachten Vorstellungen über Sex, Drogen und Musik und provozierten die Spießbürger nach allen Regeln der Kunst. Die Schwabinger Krawalle waren 1962 ein erstes Vorspiel auf alles Kommende. 1968, Studentenrevolte, sexuelle Freizügigkeit, Vietnamkrieg. Das waren die Schlagwörter, die man mit Schwabing in Verbindung brachte. Für das aufkeimende Genre des erotischen Films wurde Schwabing eine fruchtbare Umgebung.
Der neue Soundtrack aus dem Hause Diggler nimmt sich jenen filmischen "Schwabing Affairs", die so illustre und zugleich poetische Titel wie "Bengelchen liebt kreuz und quer" oder "Engelchen macht weiter Hoppe, Hoppe Reiter" tragen, an. Einen Vorgeschack auf "Schwabing Affairs" servierten die Herren von Diggler Records bereits vor drei Jahren mit den "St. Pauli Affairs", einem musikalischen Streifzug über den Kizz.
Neben leicht groovenden Rhythmen südamerikanischer Herkunft wie "Let's Beat It" von Johnny Harris oder Martin Böttchers "Bengelchen Bossa Nova" stehen Beat-Stücke ganz hoch im Kurs bei den Schwabinger Hippstern. Vor allem die Songs von Improved Sounds Ltd. und David Llywelyn verraten deutlich die anglo-amerikanischen Vorbilder. Altstar Peter Thomas entführt uns mit seinem Orchester und Titeln wie "Melodie für eine Teekanne" in bizarre Lounge-Welten.
Abgerundet wird der schlüpfrige Ausflug unter die Bettdecken der Schwabinger Schlafzimmer durch das gewohnt laszive Artwork aus dem Hause Diggler. Die 60er und 70er Jahre der "Schwabing Affairs" werden, passend zum musikalischen Inhalt, in stylischer Soft-Porno-Manier in Szene gesetzt. In welche Stadt der nächste Diggler Records-Betriebsausflug führt, bleibt bis auf weiteres geheim.
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