laut.de-Kritik

Eigentlich fehlt hier nur ein "Podolska".

Review von

Man kann sich gar nicht vorstellen, dass die öffentliche Diskussion nach dem 9. Juli 2006 überhaupt noch funktioniert, so ganz ohne das Wort "Fußball-WM". Dass derzeit so ziemlich jeder daher gelaufene Frühstücksfernsehmoderator glaubt, seinen Beitrag in die Tiefe des Raumes stellen zu müssen, ist schon schlimm genug, naturgemäß ist der musikalische Sektor davon aber besonders betroffen.

Nach der offiziell gewünschten Huldigung von Herbert Grönemeyer und gänzlich unerwünschten Beiträgen von den Sportfreunden Stiller und Oliver Pocher fährt nun das fast vergessene Ska-Label Pork Pie mit der Fortsetzung einer mindestens als beerdigt geglaubten Sampler-Reihe auf. "Ska...Ska...Skandal" skandierte man beim Fachhändler zuletzt im Jahr 1995 und nur die Fußball-WM im eigenen Land und die Tatsache, dass noch "kein einziger Ska-Tonträger mit Songs rund um das Thema Fußball" existiert, ließ die Verantwortlichen handeln.

Gut und schön, nur könnten die vorliegenden Nummern soundtechnisch auch aus dem Jahr 1994 stammen und an die WM aus jenem Jahr erinnern wir uns doch besser mal nicht. Unüberhörbar gerät stattdessen der immanente Fußball-Bezug, der einzig davor Halt macht, dass sich auch ein Song namens "Podolska" auf dem Album einfindet. Lyrischen Platitüden sind Tür und Tor geöffnet, etwa wenn es heißt: "Football we adore you / there ain't nobody like you" oder "The strategy is clear / we just need some more beer", mit denen beispielsweise die Busters allen fahnenschwingenden Partyfans im Lande die schäumende Gerste aus dem Mund nehmen.

Zwar sollen über 50% der Songs auf "Ska...Ska...Skandal No. 5" extra neu aufgenommen worden sein, was allerdings nichts an der größtenteils lahmen Mannschaftsleistung ändert. Wenn jedenfalls Marco van Basten seiner Turnier-Mannschaft ebenso langatmige Taktikvorträge hält, wie Wahl-Holländer Mark Foggo in seinem Song, dann haben die Deutschen das mögliche WM-Finale gegen Frau Antje jetzt schon gewonnen.

Die Highlights? Laurel Aitken, der verstorbene Godfather Of Ska, ist mit einem netten Remake seines Klassikers "Hitchhike" vertreten, die Münchner Bluekilla nutzen die göttlichen Akkorde des Prince Buster-Klassikers "Madness" als Steilvorlage und die Bad Manners verarzten gekonnt den "Liquidator".

Wenig verwunderlich, dass vor allem die weitestgehend textfreien Beiträge in positiver Erinnerung bleiben, wie der Jamaica Ska von Ska-J, dem Two Tone Club und Dr. Ring-Ding. Wenn aber die Schweizer Ska-Punks der Scatterbrains es sich am Tresen der Stadionbar bequem machen, um von dort aus den Fußball als "the greatest thing after sex" auszurufen, dann will man auch sofort Saltos schlagen, so lange nur der Sound aus geht.

Dass der ursprüngliche Samplertitel "Ska World Cup" Sepp Blatters Rechtespielverderber auf den Plan rief, die jegliche Verwendung des Begriffs "World Cup" in Verbindung mit fußballbezogenen Produkten untersagen, mag bedauerlich sein. So richtig tolle musikalische Werbung für die WM hält "Ska...Ska...Skandal" allerdings auch nicht bereit. Und wir rufen diesen Slogan erst wieder, wenn Miro Klose eine gelbe Karte bekommt und wir fünf Bier intus haben. Wegen dem Stottern, meine ich.

Trackliste

  1. 1. Mala vida (Los Calzones)
  2. 2. Nobody like you (The Busters)
  3. 3. Let's talk tactics (Mark Foggo)
  4. 4. Tribute to da aktuelle sportstudio (Lionsclub)
  5. 5. The zigger zagger song (Laurel Aitken)
  6. 6. Hooligan ska (Shots In The Dark)
  7. 7. Football - It's here to stay (Bluekilla)
  8. 8. Football (Scatterbrains)
  9. 9. Te gusta el futbol? (Ska-J)
  10. 10. Hand of God (Amphetamines)
  11. 11. You'll never walk alone (Dr. Ring-Ding)
  12. 12. Football paradise (The Chancers)
  13. 13. Fuzzball junkie (Spitfire)
  14. 14. Kick dem out! (Two Tone Club)
  15. 15. Terrace warfare (The Cabrians)
  16. 16. Go for the skadium (Doberman)
  17. 17. Der Fussball ist rund wie die Welt (Blascore)
  18. 18. Home of football - Liquidator (Bad Manners)

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