laut.de-Kritik

THC-Genuss soll die Zeit dehnen? Lächerlich!

Review von

Das britische Label Soul Jazz Records ist so etwas wie eine musikalische Bibliothek. Regelmäßig legt man dort alte Aufnahmen wieder auf. Mit großem Erfolg. Besonders gut bestückt sind die Regale, über denen die Etiketten Reggae, Ska, Rocksteady, Soul und R'n'B prangen. Daneben hat das Label aber auch das ein oder andere zur Geschichte von Acid und House beizutragen. Mit "Studio One Kings" taucht Soul Jazz Records einmal mehr in die kreative Zeit der 60er Jahre auf Jamaica ein.

Das war jene Zeit, als sich auf der Karibikinsel ein eigenständiger Sound in Abgrenzung von den amerikanischen Vorbildern zu entwickeln begann. Im Zentrum des neuen Sounds standen Persönlichkeiten wie Duke Reid, Prince Buster und nicht zuletzt Coxsone Dodd. Ihnen ist es zu verdanken, dass der Offbeat bis heute das Markenzeichen von Jamaica geblieben ist.

Der fand zunächst im Ska und später dann im Rocksteady seinen Niederschlag. Für viele sind die zwei Jahre zwischen 1966 bis 1968 das goldene Zeitalter jamaikanischer Musik. Wenn man "Studio One Kings" hört, versteht man warum. Vor allem Dodd schuf mit seinem Label Studio One Anfang der 60er eine Plattform für eine ganze Generation hochkarätiger Artists aus Jamaica. Sonntag nachmittags traf man sich hier zu Jam- und Recording-Sessions.

Was Dodd gefiel, wurde gleich in Vinyl geritzt. Wer noch nicht so weit war, musste den Tunes mit Dodds damaligem A&R-Mann namens Bob Marley noch einige Male üben, bevor eine Aufnahme gezogen wurde. Im Laufe der Zeit haben unter anderem Johnny Osbourne, Burning Spear, Delroy Wilson, Joe Higgs oder Horace Andy bei Dodd aufgenommen.

Andy setzt auf "Studio One Kings" mit seinem Song "Every Tongue Shall Tell" auch einen der zahlreichen Höhepunkte des Albums. Eine weitere herausragende Nummer ist Freddie McGregors "I Shall Be Released", einem Bob Dylan-Cover, das trotz seiner Spielzeit von zehn Minuten an keiner Stelle langweilt.

Wenn auch noch ohne die technische Raffinesse späterer Aufnahmen, so wird hier dennoch bereits die Tür in Richtung Dub mehr als nur einen Spalt weit aufgestoßen. Den Schlusspunkt unter eine fantastische Compilation setzt Delroy Wilson mit seinem Song "Won't You Come Home".

Auf etwas mehr als eine Stunde Spielzeit bringt es "Studio One Kings", doch gefühlt sind es nur etwa zwanzig Minuten. Und da wird immer behauptet, dass sich unter THC-Einfluss die Zeit dehnt. Bei "Studio One Kings" ist das definitiv nicht der Fall. Zum Glück gibt es die Repeat-Taste an der Fernbedienung.

Trackliste

  1. 1. Larry Marshall - I've Got To Make It
  2. 2. Horace Andy - Every Tongue Shall Tell
  3. 3. Alton Ellis - Well Run Dry
  4. 4. Johnny Osbourne - Water More Than Flour
  5. 5. Anthony Rocky Ellis - I Am The Ruler
  6. 6. Cornell Campbell - Pretty Look Isn't All
  7. 7. Alexander Henry - Please Be True
  8. 8. Burning Spear - Them A Come
  9. 9. Joe Higgs - Change Of Plan
  10. 10. Devon Russell - Roots Natty
  11. 11. Ken Boothe - Be Yourself
  12. 12. Freddie Mcgregor - I Shall Be Released
  13. 13. Freddie Mckay - Father Will Cut You Off
  14. 14. The Ethiopians - Locust
  15. 15. George Philips - One One
  16. 16. John Holt - I Don't Want To See You Cry
  17. 17. Delroy Wilson - Won't You Come Home

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