laut.de-Kritik
Toppt alle sonstigen Kuschel-Jazz-Sampler.
Review von Kai KoppSanfte Jazzklänge und verführerische Stimmen entführen ab der ersten Note in eine Welt aus friedlichem Wohlbefinden und entspanntem Sein. Dusty Springfield wird die Ehre zu teil, diesen außergewöhnlich stimmungsvollen Sampler zu eröffnen. Mit "The Look Of Love" zeigt sie uns nicht nur wie die Liebe aussieht, sondern auch wie sie sich anhört. 36 Jahre hat die Nummer auf dem Buckel, das gleichnamige Album erschien bereits 1967. Nana Mouskouri packt noch fünf Jahre drauf und serviert mit "No Moon At All" einen Titel aus ihrem kürzlich wieder veröffentlichten 62er Album "Nana Mouskouri in New York".
Die Stärke atmosphärischer Jazzballaden liegt damit deutlich in ihrer Zeitlosigkeit. Das beweist der nahtlose Übergang dieser Oldies zu Diana Kralls "Body And Soul". Der neue Star am Vocal-Jazz-Himmel schlägt derzeit alle Verkaufsrekorde. Als Special-Feature steuert sie zur vorliegenden Kompilation einen Live-Video bei. "A Case Of You" ist der Abschlusstitel ihres grandiosen Paris-Konzerts, zu finden auf der DVD "Diana Krall - Live In Paris" (2002).
In solch prominentem Umfeld ist es nicht einfach, Newcomer zu platzieren. Lyambiko und ihr Quartett besetzen gegenwärtig mit "Shades Of Delight" einen vorderen Platz der deutschen Jazzcharts, den sie sich von O erobert haben. Zona Suls Album ist hingegen noch gar nicht erschienen. Wir hören daraus den Titelsong als exklusive Erstveröffentlichung. Muriel Zoes Interpretation des Gassenhauers "Round Midnight" liefert ausgelatschtes Altbekanntes, stört aber nicht weiter.
Besser kann es Caddish, die ihrem samtweichen "Dizziy" deutliche Popanleihen abtrotzt. Damit ist der Weg zu Christof Lauers und Jens Thomas' Hommage an Sting geebnet. Mit Hilfe von Sidsel Endresen steuern sie den Titelsong ihres 2001er-Albums bei, das sich ausschließlich mit Sting-Interpretationen beschäftigt und von Kritik und Hörern gleichermaßen geliebt wird.
Cassandra Wilsona, die Grande Dame des Vocal-Jazz, beweist mit "Autumn Nocturne" ein weiteres Mal ihr stimmliches Spektrum, bevor Jocelyn B. Smith ihr Organ erhebt. Die deutsche Jazz- und Soulkünstlerin intoniert mit "The Yesterdays Of Tomorrow" das heimliche Albummotto. Gestern - heute - morgen spielt in diesem Genre scheinbar keine Rolle. Emotionsgeladene Jazzballaden zwischen Swing und Soul brauchen keine Erneuerungskur, kein Lifting und keine Butolin-Spritzen. Sie treffen gestern wie heute mitten ins Zentrum der Gefühle. Begleitet von saften Klavierklängen und anderen echten Instrumenten bohren sich die unaufdringlichen Stücke ihren Weg mitten ins Herz. Das werden sie auch morgen noch tun!
Kurz vor Schluss kredenzen die deutschsprachigen Musikerinnen Julia Hülsmann und Rebekka Bakken einen Song ihrer vielbeachteten aktuellen CD "Scattering Poems". Anschließend schleudert uns DIE Heldin des sanften Jazz, Sade, mit "Smooth Operator" galant in die Wirklichkeit. Der Titel aus ihrem 84er Debut "Diamond Life" bildet mit eingebauter Unsterblichkeit den perfekten Abschluss eines perfekten Albums. Fazit: deutlich besser, weil harmonisch auf- und ineinander stimmig, toppt "The Finest In Female Vocal Jazz" alle sonstigen Kuschel-Jazz-Sampler und hat sich seinen Namen wirklich verdient.
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