laut.de-Kritik
Weiße Weihnacht auf Jamaika.
Review von Tobias KrausSollte es auf Jamaika ein TV-Pendant zu "Kein schöner Land" oder dem "Musikantenstadl" geben, dann diesen Soundtrack zur Weihnachtssendung. Statt der Hertels Stefanie und ihrem Stefan versammelt es den Yellow Man, Eek A Mouse und viele, viele andere.
Insgesamt 50 (!) Titel hat man bei Trojan auf drei CDs zusammen gemopst, um eine Box mit Christmas-Tunes galore zusammen zu stellen. Das Material kommt ausnahmslos aus Jamaika, so dass einige der Tunes in diesem Kontext doch etwas skurril erscheinen.
"White Christmas" – Schnee am Half Way Tree, hmmm? Ein Teil des Songmaterials besteht aus den üblichen verdächtigen Lametta-Zimtstollen-Weihnachtsmelodien, die in Reggae übersetzt und teilweise mit neuen Texten bestückt wurden. Der andere Teil sind Ska, Reggae und Early-Dancehall-Nummern aus drei Jahrzehnten, die allesamt von der Weihnacht unter Palmen und einem Happy New Year künden.
Einige der Stücke sind, Weihnachtszeit-Herzschmerzzeit, schon so seicht, dass sie Kapitän Heinz Weiss 1985 auf der Brücke des Traumschiffs unter dem Christbäumchen gepfiffen haben könnte. Reggae-Pop mit Schmalzfaktor, Sascha Hehn in weißer Uniform an der Reling, die Reggaebuam-Showband spielt, Günther Strack groovt, und Ruth-Maria Kubitschek trinkt zu viel Punsch. Doch wie man es von Omas Weihnachtsplätzchen-Dose kennt: Die Mischung macht's.
Nur Kokos-Makronen wären eben langweilig, und deshalb findet man auch in dieser Weihnachtsbox dieses und jenes Schmankerl, das gekostet werden sollte. Als besonders schmackhaft müssen hier vor allem die älteren Goodies à la Desmond Dekker & The Aces, das Granville Williams Orchestra oder King Stitt genannt werden. Alton Ellis oder Michigan & Smiley wissen ebenso zu gefallen, wie auch Jacob Miller, der mehrmals auf dem Album vertreten ist und sich für drei Songs DJ-Kollege Ray I auf den Schlitten gepackt hat.
Ganz tief in die Easy–Listening-Kiste hat man mit Sonny Bradshaw Sevens "Peace and Love" gegriffen, einer Reggaegroove-Interpretation des "Little Drummer Boy". Die Hammond-Orgel vibriert so herrlich, da fängt der Puter im Bräter das Mitwippen an, Jackie Mittoo hätte seine Freude dran, und nachher schaut noch Franz Lambert auf einen Happen Plum-Pudding vorbei!
Als wahre Sternsänger entpuppen sich Yellow Man und John Holt. King Yellow ist mit sechs Stücken dabei, während es von John Holt derer sieben in die Box geschafft haben. Im Falle der beiden hätten aber auch die je zwei bis drei besten Titel ausgereicht, da galt wohl eher Quantität vor Qualität.
In dieser Box ist nicht alles Gold, was weihnachtlich glänzt. Es ist aber eine Leistung, so viel Christmas-Reggae aufzutreiben. In diesem Falle macht es doch die Mischung, von richtig gut über schmalzig bis leicht skurril. King Stitt plappert, Jacob Miller hängt Lametta ins Weed-Bäumchen und stopft sich ein Pfeifchen, während Yellow Man nach Disney Land fährt, und die Aggrovators Santa Claus eins über-dubben.
Ach ja, wer einen Reggae-Fan in der Familie hat: Die Box sieht recht schick aus und macht sich unterm Christbaum sicher nicht schlecht. I wish you a merry Ismas and a happy new year!
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